30.05.2018·Kongressbericht Periimplantitis: strukturierte Therapie, Knochenersatzmaterial und modifizierte Abutments
·Kongressbericht
Periimplantitis: strukturierte Therapie, Knochenersatzmaterial und modifizierte Abutments
von Wolfgang Schmid, Schriftleiter ZR Zahnmedizin Report, Berlin
| Die Entstehung einer periimplantären Infektion ist die häufigste Komplikation bei dentalen Implantaten. Eine wirksame Therapie gegen die Weichgewebsentzündung und den Knochenverlust hat man bisher nicht gefunden. Auf der 68. Jahrestagung der AG Kieferchirurgie bzw. 39. Jahrestagung des Arbeitskreises Oralpathologie und Oralmedizin (AKOPOM) in Bad Homburg war man sich aber einig: Valide Therapiemaßnahmen, die rechtzeitig eingesetzt werden, und ein strukturiertes Recall können den Erhalt der Implantate langfristig gewährleisten. |
Das Kieler Periimplantitis-Protokoll
Eine Datenerhebung der Universität Schleswig-Holstein, Kiel, evaluierte die Behandlungsergebnisse nach standardisierter Therapie: 264 Implantate bei 139 Patienten wurden in der Periimplantitis-Sprechstunde der MKG-Klinik mit der Diagnose einer periimplantären Infektion behandelt. Der mittlere Beobachtungszeitraum betrug 6,4 Jahre. Bei allen Patienten waren Titanimplantate verschiedenster Hersteller eingesetzt worden.
Nach konservativer Vorbehandlung der begleitenden Mukositis erfolgte nach Dekontamination der Oberfläche mit Orthophosphorsäure eine Implantoplastik. Bei einem schüsselförmigen Defekt wurde eine regenerative Therapie mit xenogenem und autologem Knochentransplantat sowie die Applikation von Emdogain® bei Wundverschluss durchgeführt. Die nicht regenerativ zu behandelnde Implantatoberfläche wurde im Rahmen einer Implantoplastik geglättet. Bei keiner Aussicht auf Erfolg wurde die Explantation vorgenommen.
Nach einem Jahr Beobachtungszeit konnte nach regenerativer Therapie eine Reduzierung der Taschen im Durchschnitt von 5,1 mm und eine Reduktion der Knochentaschen um 4,4 mm festgestellt werden. Ein Jahr postoperativ wurden keine Entzündungszeichen wie Blutung auf Sondieren (BOP) oder Inflammation festgestellt. Bei 20,4 Prozent wurden Rezidive dagnostiziert und bei 13,44 Prozent waren im weiteren Verlauf Explantationen erforderlich.
90 Prozent der therapierten Patienten beschrieben ein positives Ergebnis der Mundgesundheit. Nach Ansicht von Prof. Dr. Dr. Jörg Wiltfang kann ein strukturiertes Recall den Erhalt der Implantate langfristig gewährleisten.
Knochenersatzmaterial führt nicht zur Reosseointegration
Auch bei schwerer Periimplantitis können Implantate durch einen chirurgischen Eingriff gerettet werden. Doch wie erfolgreich ist die Behandlung der Periimplantitis mit Knochenersatzmaterial?
Periimplantitis bei 50 Implantaten bei 20 Patienten
An den DRK-Kliniken Nordhessen zeigten 50 Implantate (46 Titan, 4 Keramik) bei 20 Patienten bei der Eingangsuntersuchung das Vollbild einer Periimplantitis mit Blutung, putrider Sekretion und Knochenverlust, waren aber fest. Die akute Entzündungssymptomatik wurde durch nichtchirurgische Spülbehandlung bzw. lokale Antibiose zum Abklingen gebracht.
Das operative Procedere der Periimplantitisbehandlung umfasste die Degranulation, Dekontamination und Auffüllen mit partikulärem Knochenersatzmaterial (Straumann BoneCeramic®) mit dem Ziel der Taschenelimination.
Sondierungstiefen und BOP verringerten sich
Die durchschnittlichen Sondierungstiefen in den Taschen verringerten sich von eingangs 6,70 mm (± 2,38) auf 3,92 mm (± 1,23). Zeigten 44 von 50 Implantaten vor der Operation nach nichtchirurgischer Vorbehandlung noch eine Blutung auf Sondierung, wurde dies nach der Operation bei 7 Implantaten (84,1 Prozent Reduktion) festgestellt. Bei 15 aktuell befragten Patienten waren nach durchschnittlich 13,1 Monaten noch 36 von 37 Implantaten vorhanden (Survival 97,3 Prozent).
Das Auffüllen mit Knochenersatzmaterial führt dabei nicht zur Reosseointegration der Implantate, aber zum Höherlegen des Taschenbodens im Rahmen einer narbigen Einheilung. Damit wird die messbare Re-Infektion der Taschen erschwert, erklärt Prof. Dr. med. dent. Hendrik Terheyden, Chefarzt der MKG-Klinik der DRK-Kliniken Nordhessen in Kassel.
Nach der chirurgischen Therapie: bessere Ergebnisse mit silbermodifizierten Abutments
Der Einsatz von Abutments, deren Oberflächen mit antibakteriellem Silber modifiziert sind, kann eine vielversprechende Therapie einer periimplantären Entzündung sein, propagiert Prof. Dr. Dr. med. Karl Andreas Schlegel, MKG-Chirurg in Erlangen. Ziel der Studie: Der Einfluss experimenteller Abutmentoberflächen aus Titan-Grad 2 (Ti-2), Titan-Grad 4 (Ti-4), einem bioaktiven silbermodifizierten Titan-Grad 4 (Ag-modifizierter Ti-4) und Cobald-Chrom-Molybdän (CoCrMb) auf die periimplantäre Weichgewebsregeneration sollte untersucht werden. Dies sollte im Rahmen einer randomisierten, kontrollierten präklinischen Studie geschehen.
In Tierversuchen testeten Schlegel und Kollegen den Einsatz von silbermodifizierten Ti-4-Abutments. Diese zeigten eine verstärkte Regeneration im Vergleich zu den Ti-2- und CoCrMb-Abutments. Die silbermodifizierten Ti-4-Abutments führten im Anschluss an eine Periimplantitis-Behandlung zu einer gesteigerten periimplantären Weichgewebsregeneration. Für „normale“ Ti-2-Abutments konnte an sämtlichen Untersuchungszeitpunkten eine verminderte periimplantäre Regeneration ermittelt werden.
Quellen
- Vorträge auf der 68. Jahrestagung der AG Kieferchirurgie bzw. 39. Jahrestagung des AKOPOM, Bad Homburg, 10.-11.5 2018.