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22.12.2017·Kostenerstattung Vestibulumplastiken, Teil 2: Textbausteine beim Schriftwechsel mit privaten Kostenträgern

·Kostenerstattung

Vestibulumplastiken, Teil 2: Textbausteine beim Schriftwechsel mit privaten Kostenträgern

| PKVen und Beihilfestellen lehnen eine Kostenbeteiligung bzw. -übernahme von Vestibulumplastiken oft ab. In der letzten Ausgabe haben wir über diese Plastiken berichtet. Die folgenden Detailpunkte sollen im Praxisalltag helfen, um bei Auseinandersetzungen Antwortbriefe zügig generieren zu können. Die Textbausteine müssen fallbezogen adaptiert werden. Sie können im Download-Bereich (pi.iww.de) aufgerufen und in der Praxis genutzt werden. |

Die Abrechnung von Vestibulumplastiken

Die Leistungslegenden von zwei Vestibulumplastiken lauten:

 

GOZ-Nr. 3240

Vestibulumplastik oder Mundbodenplastik kleineren Umfangs, auch Gingivaextensionsplastik, je Kieferhälfte oder Frontzahnbereich, für einen Bereich bis zu zwei nebeneinanderliegenden Zähnen, ggf. auch am zahnlosen Kieferabschnitt

GOÄ-Nr. 2675

Partielle Vestibulum- oder Mundbodenplastik oder große Tuberplastik, je Kieferhälfte oder Frontzahnbereich

 

Der vollständige Gebührentext enthält keinerlei Einschränkungen bezüglich der ausschließlichen Abrechnung im Zusammenhang mit Prothesen. Daher können diese unabhängig davon berechnet werden, ob später festsitzender (Krone, Brücke) oder herausnehmbarer Zahnersatz (Prothese) eingegliedert wird. Lediglich die GOÄ-Nr. 2676 beschreibt die ausschließliche Berechenbarkeit im Zusammenhang mit einer Prothese. Sie lautet: „Totale Mundboden- oder Vestibulumplastik zur Formung des Prothesenlagers mit partieller Ablösung der Mundbodenmuskulatur, je Kiefer“.

 

Die GOÄ-Nr. 2675 befindet sich im Abschnitt L IX der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ). Dieser Abschnitt ist nach § 6 Abs. 2 GOZ für Zahnärzte geöffnet, sodass die Berechnung auch aus dieser Sicht nicht zu beanstanden ist.

Die primäre Wundversorgung

Seit der Novellierung der GOZ 2012 ist in den Abschnitten „D“, „E“, und „K“ bei den Allgemeinen Bestimmungen unter Punkt 1 die folgende Erläuterung enthalten: „Die primäre Wundversorgung (z. B. Reinigen der Wunde, Wundverschluss ohne zusätzliche Lappenbildung, ggf. einschließlich Fixieren eines plastischen Wundverbandes) ist Bestandteil der Leistungen nach Abschnitt … und nicht gesondert berechnungsfähig.“ Dass die PKV die Kostenübernahme für die Vestibulumplastik ablehnt, ist weder durch den Leistungstext der GOÄ noch durch die verfügbaren Gebührenkommentare gedeckt.

 

Beispielhaft sei auf den „Kommentar zur Gebührenordnung für Zahnärzte“ von Prof. Susanne Tiemann verwiesen, der ausdrücklich die Vestibulumplastik nach GOÄ-Nr. 2675 auch für chirurgische Maßnahmen zur Verbreiterung der befestigten Gingiva anführte. Der Ansatz der Nr. 2675 ist also keinesfalls nur auf die spätere Versorgung mit einer Prothese beschränkt.

 

  • Textbausteine für eine Stellungnahme der Praxis

Die folgenden Textbausteine zu verschiedenen Erstattungsproblemen können Sie in Ihrer Praxis verwenden:

1. Indikation abgelehnt

Die Ausübung der (zahn-)ärztlichen Heilkunde ist ausschließlich entsprechend approbierten Ärzten bzw. Zahnärzten gestattet. Sowohl das Heilberufsgesetz als auch die Berufsordnungen für Ärzte und Zahnärzte sind hier eindeutig. Wie dem Schreiben der Krankenversicherung zu entnehmen ist, wird hier in die ärztlichen bzw. zahnärztlichen Therapiemaßnahmen eingegriffen und die entsprechenden therapeutischen Schritte werden fachlich kommentiert.

2. Medizinische Notwendigkeit bestritten

Eine Heilbehandlung ist medizinisch notwendig, wenn es nach objektiven medizinischen Befunden und wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Zeitpunkt der Behandlung vertretbar war, sie als medizinisch notwendig anzusehen. Dies ist im Allgemeinen dann der Fall, wenn eine wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode zur Verfügung steht, die geeignet ist, die Krankheit zu heilen oder zu lindern (siehe dazu das BGH-Urteil vom 12.03.2003, Az. IV ZR 278/01). Sollte die PKV die medizinische Notwendigkeit der geplanten Heilmaßnahme bestreiten wollen, so ist sie hierzu darlegungspflichtig.

3. Sachverständiger nicht benannt

Die PKV hat in ihrem Schreiben sehr genaue Vorstellungen von der Behandlung bekundet. Hier muss offensichtlich schon eine exakte fachliche Begutachtung erfolgt sein. Der Sachverständige bzw. Gutachter soll daher bitte mitteilen, wie er in der Lage sein will, eine ärztliche Befundung und Begutachtung durchzuführen, ohne den Befund überhaupt zu kennen. Die PKV soll den intern angestellten oder extern für die PKV tätigen Sachverständigen mit Namen, Anschrift sowie einem Nachweis seiner fachlichen Kompetenz bekannt geben. Das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 11.06.2003 (Az. IV ZR 418/02, Abruf-Nr. 031610) ist in dieser Hinsicht eindeutig.

Nach Aussage des BGH muss der Versicherer ein Gutachten offenlegen. Dass dieses Gutachten der Prüfung seiner Leistungspflicht ‒ mithin internen Zwecken ‒ dient, ändert daran nach dem Wortlaut des Gesetzes nichts. Der Versicherer holt das Gutachten ein, um sich in einer Zweifelsfrage Gewissheit zu verschaffen. Dazu bedarf es eines unbefangenen und fachlich geeigneten Sachverständigen. Nach § 202 Versicherungsvertragsgesetz hat der Versicherte einen Anspruch auf Herausgabe von Stellungnahmen und Gutachten. Sollte die PKV keinen approbierten Arzt oder Zahnarzt benennen, liegt ein Verstoß gegen das Heilberufsgesetz vor.

4. Verbreiterung der Gingiva nicht anerkannt

Aufgrund von vorangegangenen Entzündungen lag ein narbig verzogenes Vestibulum im Unterkiefer beidseits vor. Ergänzend war die befestigte Gingiva deutlich verschmälert. Entsprechend musste eine operative Ausformung des Vestibulums mit ergänzender Verbreiterung der befestigten Gingiva erfolgen. Dazu wurde eine partielle Vestibulumplastik nach den Vorschriften der GOÄ-Nr. 2675 mit Ausformung des Mundvorhofs und Verbreiterung der befestigten Gingiva durchgeführt.

5. Narbiges Gewebe im UK entfernt

Eine Vestibulumplastik kann sowohl im Ober- als auch Unterkiefer durchgeführt werden. Bei diesem chirurgischen Eingriff wurden störende Bänder und Muskelansätze im Vestibulum (Mundvorhof) gelöst und verlagert. Es lag ein narbig verzogenes, erheblich abgeflachtes Vestibulum im Unterkiefer links vor, das durch die Lösung der fehlinserierenden Muskelzüge und die Exzision der Schleimhautnarben plastisch neu ausgeformt werden musste.

6. Spannungsfreier Wundverschluss erforderlich

Bei der Vestibulumplastik erfolgt eine subtile Durchtrennung der Perioststruktur unter Schonung der anderen Weichgewebsumgebung. Das Ziel ist eine Verlängerung des zur Verfügung stehenden Weichgewebes zur spannungsfreien Adaptation der Wundränder. Dies ist eine unabdingbare Voraussetzung zur Vermeidung von Dehiszenzen.

7. Externer Sinuslift und Vestibulumplastik

Die Vestibulumplastik wurde zur Vertiefung des Mundvorhofs für die Verbesserung oder auch Stabilisierung der Augmentatregion im Rahmen des externen Sinuslifts erforderlich. Um eine spannungsfreie Nahtlegung vorzunehmen, erfolgt nach Kondensation des Augmentationsmaterials und der Membranfixierung eine zusätzliche Mobilisation des Mukoperiostlappens als selbstständige Leistung. Diese Maßnahme war erforderlich, um die Wundränder überhaupt zusammenführen zu können.

8. Einstrahlende Bänder und bewegliche Schleimhaut

Die Lebensdauer von Implantaten ist nach wissenschaftlichen Erkenntnissen davon abhängig, ob eine ausreichende Zone der attached Gingiva vorliegt. Eine zu schmale oder fehlende Gingiva propria führt zu Rezessionen und Periimplantitis, Knochenabbau und letztendlich zum Implantatverlust.

9. Apikaler Verschiebelappen und Bindegewebstransplantat

Eine Vestibulumplastik mit Transposition der Gingiva propria war gemeinsam mit einem Bindegewebsrolllappen zur Verdickung und Stabilisierung der Weichgewebsanteile lateral medizinisch notwendig. Zudem erfolgte eine tiefe Periostverschiebung zum Erhalt und zur Vertiefung des Vestibulum oris.

10. Schleimhauttransplantat und Vestibulumplastik

Die Leistung der Vestibulumplastik umfasst zunächst die Präparation eines Spaltlappens (split flap) und die epiperiostale Präparation mit Ablösung der zu hoch ansetzenden Muskelfasern. Anschließend erfolgt die Apikalpositionierung der keratinisierten Gingiva und die apikale Fixierung mit resorbierbarem Nahtmaterial. Zur Verbreiterung der attached Gingiva wurde am Gaumen ein freies Schleimhautransplantat entnommen und bukkal mit zirkulären Einzelknopf- und Überwurfnähten fixiert.

11. Split-Lappen versus Mukoperiostlappen

Das gesamte OP-Gebiet wurde mit der Split-Lappentechnik präpariert. Dafür wurde das Epithel von der periostalen Auflage getrennt. Damit ist eine mukogingivalchirurgische Maßnahme erfolgt, die zwar eine primäre Wundversorgung nach sich zieht, sich aber in ihrer Präparationstechnik von der eines Mukoperiostlappens deutlich unterscheidet.

12. Bindegewebstranplantat mit Rekonstruktionen

Es handelte sich um eine selbstständige Leistung zur Schaffung besserer prothetischer Kieferverhältnisse wegen starker bukkaler Atrophie und ungünstiger Schleimhautverhältnisse. Eine extrem komplizierte Lappenbildung wegen starkem Bänderzug wurde durchgeführt. Die Bildung eines zusätzlichen gestielten Bindegewebslappens mit Vertikalinzisionen und Ablösen der Submukosa zur Rekonstruktion der Interdentalpapillen und Rekonstruktion des Gingivaverlaufs waren notwendig.

13. Implantat-Freilegung, Vestibulumplastik, freies Schleimhauttransplantat

Die Zähne [xx,xx] wurden nach vorangegangenen Wurzelspitzenresektionen und entzündlichen Rezidiven alio loco entfernt. Aufgrund von Knochendefekten im Bereich des rechten Oberkieferalveolarfortsatzes und eines erheblich reduzierten vertikalen Knochenangebots musste der Kiefer aufgebaut werden, um so überhaupt erst eine Implantatinsertion zu ermöglichen. Schließlich konnten Implantate regio [xx,xx] inseriert werden. Nach erfolgter Freilegung der submerged eingeheilten Implantate war im vestibulären Bereich nur mobile und keine fixierte Schleimhaut vorhanden.

Um den Langzeiterhalt der Implantate zu sichern, wird gefordert, periimplantär eine Zone fixierter Gingiva von 3 bis 5 mm zu schaffen. Dies geschah mittels eines freien Schleimhauttransplantats. Zunächst wurde eine partielle Vestibulumplastik von regio [xx] bis [xx] vorgenommen. Um ein Rezidiv zu vermeiden, wurde dann der nach Präparation entstandene epiperiostale Schleimhautdefekt im rechten Oberkieferseitenzahnvestibulum mit vom rechten Gaumenabhang entnommener Schleimhaut abgedeckt. Mithilfe eines Mucotoms wurde die Schleimhaut vom Gaumen gewonnen, zurechtgeschnitten und in den vestibulären Defekt regio [xx] eingenäht. So wurde periimplantär fixierte Gingiva geschaffen, um den Langzeiterhalt der inserierten Implantate zu gewährleisten. Es gilt mittlerweile als wissenschaftlich gesichert, dass periimplantär fehlende fixierte Gingiva zum vorzeitigen Implantatverlust führt.

14. Ausformung von Mundboden und Vestibulum

Die GOÄ-Nr. 2675 war im Unterkiefer beidseits zur Ausformung des Mundbodens und des Vestibulums erforderlich. Es bestand eine vollständige Resorption der lingualen Kortikalis im koronalen Bereich der Zähne [xx] und [xx]. Zudem fanden sich vestibulär fehlinserierende Muskelansätze, die zu einer deutlichen Einengung des Mundvorhofs geführt hatten. Aufgrund der besonderen anatomischen Situation mit Abflachung des Vestibulums durch fehlinserierende Bänder sowie der geschilderten Resorption mit einem dadurch bedingten hoch ansetzenden Mundboden war eine entsprechende Plastik beidseits im Unterkiefer erforderlich.

Nach dem exakten Wortlaut der Nr. 2675 wäre es hier gerechtfertigt gewesen, die Nr. 2675 auf jeder Unterkieferseite zweimal anzusetzen, da die Nr. 2675 für eine Vestibulum- oder Mundbodenplastik angesetzt werden kann. Äußerst zurückhaltend wurde jedoch hier die Nr. 2675 auf jeder Seite nur einmal angesetzt, obwohl tatsächlich sowohl eine Mundboden- als auch eine Vestibulumplastik operiert wurden.

15. Weichgewebeplastik nach Augmentation

Beim vertikalen Knochenaufbau mit humanem Knochenblock und zusätzlicher Augmentation von alloplastischem Material musste das Wundgebiet zusätzlich mittels einer selbstständigen Weichgewebeplastik gedeckt werden. Hierzu erfolgte eine ausgedehnte Präparation und Mobilisation des Weichgewebes von lingual und bukkal. Es wurde lingual stumpf mobilisiert. Bukkal wurde zunächst eine oberflächige Periostschlitzung mit anschließender Mobilisation des Weichgewebes auf der Muskelschicht unter vorsichtiger Ablösung des Nervus mentalis durchgeführt. Bei dem Patienten lag ein äußerst enges Vestibulum mit kräftiger Muskelinsertion vor. Der Wundverschluss erfolgte zweischichtig mit horizontalen Matratzennähten und Einzelknopfnähten, um einen spannungsfreien und speicheldichten Wundverschluss zu erzielen.

16. Vestibulumplastik: PKV fordert Röntgenaufnahme

Es bestand ein abgeflachtes Vestibulum im Oberkiefer links mit tief ansetzender Muskulatur. Hierdurch war es bereits zu einer Retraktion der Gingiva im Bereich der oberen Seitenzähne gekommen. Entsprechend wurde eine partielle Vestibulumplastik durchgeführt, wofür die hierfür vorgesehene GOÄ-Nrn. 2675 mit der zugehörigen Zuschlagsziffer 444 berechnet wurde. Da es sich hierbei um eine weichteilchirurgische Maßnahme handelte, sind zur Überprüfung dieses Befundes Röntgenaufnahmen nicht geeignet, da sich damit nur Hartgewebe (z. B. Knochen und Zähne), nicht jedoch der Mundvorhof darstellen lässt.

 

 

Eine detaillierte Dokumentation von Befund, Diagnose und Therapien, der exakten Angabe der Schnittführungsregion sowie der einzelnen chirurgischen Arbeitsschritte ist unter juristischen Aspekten wichtig. Bedenken Sie: Was nicht dokumentiert ist, kann im Gerichtsfall als nicht erbrachte Leistung gewertet werden.

 

Weiterführender Hinweis

  • Beachten Sie zu dieser Thematik auch den Beitrag „Schleimhauttransplantat: Ist die Vestibulumplastik berechenbar?“ in PI 05/2016, Seite 3 ff.