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05.02.2015·Praxisführung Gießen, Fräsen oder Lasersintern – ein Vergleich aus wirtschaftlicher Sicht

·Praxisführung

Gießen, Fräsen oder Lasersintern – ein Vergleich aus wirtschaftlicher Sicht

von Dr. Detlev Nies, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für die Bewertung von Zahnarztpraxen, und Dipl.-Volkswirtin Katja Nies, Köln

| Die Digitalisierung revolutioniert nicht nur die Zahnheilkunde, sondern auch die Zahntechnik: Immer umfangreichere Teilgebiete zahntechnischer Tätigkeiten werden von Maschinen übernommen. Dieser Beitrag zeigt auf, wie der Zahnarzt oder Zahntechniker die wirtschaftlichen Folgen dieser Entwicklung einordnen und zu seinem Vorteil nutzen kann. Je nach Ausrichtung der (Kassenzahnarzt-)Praxis werden etwa 50 bis 90 Prozent aller Kronen und Brücken aus Nicht-Edelmetalllegierungen hergestellt. Häufig aus ästhetischen, seltener aus medizinischen Gründen wird der „Rest“ als vollkeramische Restaurationen oder Edelmetallarbeiten angefertigt. |

Unterschiede zwischen „Gießen“, „Fräsen“ und „Lasersintern“

Unter „Gießen“ ist die herkömmliche Herstellung einer Krone zu verstehen: Auf dem „Meistermodell“ wird die Krone vom Zahntechniker in Wachs modelliert. Die Modellation wird anschließend in eine feuerfeste Einbettmasse eingebettet. Nach Aushärtung der Einbettmasse wird diese im Vorwärmofen erhitzt, wobei das Wachs verbrennt und eine Hohlform entsteht. In diese Hohlform wird verflüssigtes Metall gegossen. Nach der Abkühlung wird die Einbettmasse von der Krone entfernt. Die Krone wird dann auf das Meistermodell angepasst. Die für diese Arbeitsgänge erforderliche Arbeitszeit beläuft sich bei einem erfahrenen Zahntechniker auf mindestens 45 Minuten. Die hierfür erforderlichen (Groß-)Geräte (Vorwärmofen, Gießgerät, Ausbettgerät, Sandstrahlgerät) können ab etwa 14.000 Euro als Neugeräte erworben werden, gebrauchte Geräte sind entsprechend günstiger erhältlich.

 

Unter „Fräsen“ ist folgender Arbeitsablauf zu verstehen: Das „Meistermodell“ wird eingescannt. Aus den Daten des Scanners wird ein 3D-Modell generiert, das am Bildschirm bearbeitet werden kann. Die Konstruktion der Krone erfolgt unter Zuhilfenahme spezieller Software am Bildschirm. Der Datensatz, der die Krone beschreibt, wird an ein Fräsgerät weitergeleitet. Das Fräsgerät fräst aus industriell vorgefertigten Metallscheiben die Krone heraus. Die Krone wird auf dem Meistermodell – sofern erforderlich – angepasst. Bezüglich des Fräsvorgangs hat der Zahnarzt bzw. Zahntechniker zwei Alternativen:

 

  • Er schickt den Datensatz an ein Fräszentrum, das über entsprechende Fräsmaschinen verfügt; das sind in der Regel Großgeräte, bei denen zahlreiche Aufträge zusammengefasst und im 24-Stunden-Betrieb abgearbeitet werden. Die großen Fräsmaschinen können unterschiedliche Werkstoffe wie Nicht-Edelmetalllegierungen, Zirkon oder Kunststoff verarbeiten. Nach etwa zwei Arbeitstagen wird die Krone in die Praxis geliefert. Die Kosten pro Krone oder Brückenglied belaufen sich auf etwa 12 bis 15 Euro. Die Fräszentren liefern sich einen harten Preiskampf um Kunden und Marktanteile. Die Qualität der gelieferten Kronen ist weitgehend gleich, so dass der Preis und die Schnelligkeit der Lieferung die wichtigsten Faktoren sind, nach denen die Kunden ihre Geschäftspartner auswählen.

 

  • Er kauft ein seinen Bedürfnissen angepasstes Fräsgerät und erbringt die oben beschriebenen Arbeitsschritte in Eigenleistung. Die Kosten für ein Fräsgerät betragen mindestens 50.000 Euro. Fräsgeräte, die unterschiedliche Materialien bearbeiten können, sind deutlich teurer. Die Stückkosten sind stark abhängig von der Zahl der Einheiten, die pro Jahr angefertigt werden. Das Hauptproblem stellt für den Zahnarzt bzw. Zahntechniker die gleichmäßig hohe Auslastung des Fräsgerätes dar: Sofern es nicht sehr gut ausgelastet ist, ist die Gefahr groß, dass die Stückkosten ähnlich hoch sind wie bei der Auftragsfertigung in einem Fräszentrum (oder noch höher).

 

Für beide Varianten wird ein Scanner benötigt, der die Daten für das oben erwähnte 3D-Modell bereitstellt und ab etwa 12.000 Euro (Neupreis) zu haben ist. Gute Scanner kosten knapp 20.000 Euro. Sofern Zirkon verarbeitet werden soll, ist neben dem Fräsgerät zusätzlich ein Sinterofen erforderlich, der ab etwa 10.000 Euro erworben werden kann. Das Fräsen von Edelmetalllegierungen ist technisch möglich, wird aber nur von wenigen Fräszentren angeboten.

 

„Lasersintern“: Bis zum Versand des Datensatzes an eine Spezialfirma, die Lasersintern anbietet, sind die Arbeitsvorgänge identisch mit denen, die für die Herstellung einer gefrästen Krone erforderlich sind. Unter „Lasersintern“ versteht man einen Vorgang, der in etwa der Herstellung eines Objekts in einem 3D-Drucker entspricht: Ein Laserstrahl schmilzt entsprechend den Vorgaben des Datensatzes kleine Mengen von Metallpulver zusammen, sodass nach entsprechend vielen „Mini-Schmelzvorgängen“ die NEM-Metallkonstruktion entsteht. Dabei werden viele Datensätze gleichzeitig bearbeitet, und bei einem Arbeitszyklus entstehen Dutzende von Kronen oder Brücken. Zirkon kann auf diese Weise nicht verarbeitet werden. Allerdings verfügen die Anbieter von lasergesinterten Kronen auch über Zirkon-Fräsmaschinen, um der entsprechenden Nachfrage gerecht zu werden.

 

Die Lasersinter-Geräte sind so teuer und leistungsstark, dass sie für den Einsatz im Praxislabor oder mittelständischen Dentallabor nicht infrage kommen. Aus Sicht des Zahnarztes oder Zahntechnikers entspricht die Herstellung einer lasergesinterten Krone der Herstellung einer gefrästen Krone in einem Fräslabor. Die Kosten für eine Krone bzw. ein Brückenglied betragen – ähnlich wie beim Fräsen – etwa 12 bis 15 Euro. Der Zahnarzt bzw. Zahntechniker benötigt einen Scanner, der die Daten für das oben erwähnte 3D-Modell bereitstellt. Die Konstruktion der Krone am Bildschirm erfordert spezielle Software, die abhängig vom gewählten Geschäftspartner ist. Sofern Zirkon verarbeitet werden soll, ist zusätzlich ein Zirkon-Fräsgerät und ein Sinterofen erforderlich, die zusammen ab 25.000 Euro erworben werden können.

 

Der Zeitaufwand, der für die Konstruktion einer Krone oder eines Brückengliedes am Bildschirm erforderlich ist, ist bei Anwendung des Fräsverfahrens und des Lasersinter-Verfahrens gleich: Das Einscannen des Modells dauert 3 bis 5 Minuten, für die Konstruktion einer Krone am Bildschirm müssen je nach Komplexität etwa 15 bis 25 Minuten Techniker-Arbeitszeit angesetzt werden. Die Arbeitsgänge „Modellation einbetten – Gussmuffel im Vorwärmofen erhitzen – gießen – Werkstück ausbetten“ entfallen. Das Anpassen der Krone an das Meistermodell ist deutlich weniger zeitaufwändig als beim herkömmlichen Gießverfahren, weil eine temperaturbedingte Ausdehnung oder Schrumpfung der Krone nicht stattfindet.

 

Insgesamt kann gesagt werden, dass der Zahntechniker für die digitalisierte Herstellung einer Krone deutlich weniger Zeit benötigt als bei der rein handwerklichen Herstellung mittels „gießen“: Je nach Art der Arbeit, Erfahrung und Geschick des Zahntechnikers sowie Organisationsgrad des zahntechnischen Labors wird die digitalisierte Herstellung einer Krone etwa die Hälfte bis zwei Drittel der Arbeitszeit erfordern, die für die herkömmliche Art der Herstellung einer Krone erforderlich ist.

 

Zusammenfassend ist festzustellen, dass

  • der Zeitaufwand des Zahntechnikers für die Herstellung einer Krone oder eines Brückengliedes deutlich geringer ist als bei der klassischen Vorgehensweise. Ohne eine exakte Kalkulation der einzelnen Kostenfaktoren (siehe oben) vorzunehmen, kann gesagt werden, dass die digitalisierte Herstellung einer Krone schon wegen des geringeren Zeitaufwandes für den Zahntechniker deutlich preisgünstiger ist als die herkömmliche Herstellung.
  • auf die klassische Vorgehensweise und das Vorhalten der dafür erforderlichen zahntechnischen Geräte zumindest derzeit noch nicht vollständig verzichtet werden kann, weil bestimmte zahntechnische Arbeiten (zum Beispiel in Edelmetall angefertigte Werkstücke, bestimmte Implantat-Überkonstruktionen, Stiftaufbauten usw.) nach wie vor von Hand hergestellt und gegossen werden müssen.
  • die Investition in ein eigenes NEM-Fräsgerät für eine Praxis mit ein oder zwei Behandlern in der Regel nicht empfehlenswert ist, weil eine dauernd hohe Auslastung des Fräsgeräts kaum gewährleistet werden kann und damit in vielen Fällen die Stückkosten höher sind als bei einer Auftragsfertigung in einem Fräslabor bzw. einer Spezialfirma für das Lasersintern.
  • für Großpraxen oder Praxiskliniken eine genaue Kalkulation durchgeführt werden sollte, ob – und unter welchen Bedingungen – das NEM-Fräsgerät wirtschaftliche Vorteile gegenüber der Auftragsfertigung verspricht.

 

Die folgende Tabelle gibt einen kurzen Überblick über die Einsatzgebiete:

 

  • Tabelle 1
Gießen
Fräsen
Lasersintern

Kronen, Brückenglieder aus NEM

ja

ja

ja

Kronen, Brückenglieder aus Edelmetall

ja

zum Teil

nein

Implantat-Überkonstruktionen

ja

zum Teil

zum Teil

Zirkonkronen, Zirkonbrückenglieder

nein

ja

nein

Titankrone, Titanbrückenglieder

ja

ja

nein

Kunststoff

nein

ja

nein

 

Nachfolgend werden die Techniker-Arbeitszeiten für die verschiedenen zahntechnischen Arbeiten dargestellt (vom Arbeitsschritt „Meistermodell“ bis zum Arbeitsschritt „Krone auf Meistermodell angepasst“):

 

  • Tabelle 2
Gießen
Fräsen
Lasersintern

Kronen, Brückenglieder aus NEM

45-60

20-30

20-30

Kronen, Brückenglieder aus Edelmetall

45-60

(20-30)

(20-30)

Implantat-Überkonstruktionen

45-60

(20-30)

(20-30)

Kronen, Brückenglieder aus Zirkon

entfällt

20-30

entfällt

Kronen, Brückenglieder aus Titan

60-90

20-30

entfällt

Kronen, Brückenglieder aus Kunststoff

(45-60)

20-30

entfällt

 

Erläuternd ist darauf hinzuweisen, dass die Zeitangaben sich auf eine Einzelkrone beziehen. Bei Brückenkonstruktionen ist bei allen Verfahren nicht ein Mehrfaches der Zeit für die Herstellung einer Einzelkrone erforderlich, sondern nur ein gewisser Zeitaufschlag zu berücksichtigen. Dieser unterscheidet sich aber bei den unterschiedlichen Verfahren nur geringfügig. Sofern Angaben in Klammern gesetzt sind, soll damit ausgedrückt werden, dass die Herstellung in dem betreffenden Verfahren nicht in allen Fällen möglich oder sinnvoll ist, sondern auch andere – hier nicht dargestellte – Verfahren zum Einsatz kommen können. Die gerätetechnischen Voraussetzungen für die verschiedenen Herstellungsverfahren sind in der folgenden Übersicht dargestellt:

 

  • Tabelle 3
Gießen
Fräsen
Lasersintern

Vorwärmofen (ab ca. 2.500 Euro)

ja

nein

nein

Gießgerät (ab ca. 7.000 Euro)

ja

nein

nein

Ausbettgerät (ab ca. 1.500 Euro)

zum Teil

nein

nein

Sandstrahlgerät (ab ca. 3.000 Euro)

ja

nein

nein

Scanner (ab ca. 12.000 Euro)

nein

ja

ja

Zirkon – Fräsgerät (ab ca. 15.000 Euro)

nein

ja

nein

Zirkon – Sinterofen (ab ca. 10.000 Euro)

nein

ja

nein

NEM-Fräsgerät (ab ca. 50.000 Euro)

nein

ja

nein

Fräsgerät für NEM und Zirkon (ab 100.000 Euro)

nein

ja

nein

 

Vor der Entscheidung für eine der Alternativen ist eine Bedarfsanalyse anzustellen, um eine Fehlinvestition zu vermeiden. Unter rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten wird die Alternative „Gießen“ gegenüber dem Fräsen und dem Lasersintern regelmäßig Kostennachteile aufweisen. In der Regel dürfte bei kleineren Praxen (ein bis zwei Behandler) und Laboren, die einen hohen Anteil von NEM-Arbeiten haben, die Anschaffung eines Scanners und die Vergabe des Fräsvorgangs an ein Fräslabor bzw. an eine Spezialfirma für das Lasersintern eine wirtschaftlich sinnvolle Handlungsalternative darstellen.

 

Weiterführender Hinweis

  • Ein Vergleich der Angebote verschiedener Fräszentren erfolgt in einem weiteren Beitrag.

 

Sofern viele Zirkonarbeiten hergestellt werden, ist zu kalkulieren, ob die Anschaffung einer kleinen Zirkon-Fräseinheit und eines Sinterofens in Betracht kommen.

 

Sofern Geräte für die Herstellungsalternativen „Fräsen“ oder „Lasersintern“ angeschafft werden, muss nicht immer die neueste Gerätegeneration gekauft werden: es kann wirtschaftlich interessant sein, ein gutes Gebrauchtgerät zu erwerben, da die Passgenauigkeit von zahntechnischen Arbeiten, die auf drei oder vier Jahre alten Scannern konstruiert worden sind, sich kaum von der Passgenauigkeit unterscheidet, die von aktuellen Neugeräten zu erwarten ist. Der Preisunterschied zwischen Neu- und Gebrauchtgeräten ist ähnlich einzuschätzen wie bei Kraftfahrzeugen der Oberklasse.