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24.08.2011·Recht Fehlerhafter Zahnersatz – wer haftet: der Zahnarzt oder das Zahnlabor?

·Recht

Fehlerhafter Zahnersatz – wer haftet: der Zahnarzt oder das Zahnlabor?

von Norman Langhoff, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht, RöverBrönner, Berlin, www.roeverbroenner.de

| Sind Patienten mit dem Zahnersatz unzufrieden, dann sieht sich der Zahnarzt in der Pflicht zur Nachbesserung. Hat er die Arbeit in einem gewerblichen Labor fertigen lassen, so wird er dort auf Erledigung dringen. In anderen Fällen sucht der Patient das Zahnlabor auch direkt auf – eigenständig oder auf Veranlassung des Zahnarztes. Ungewöhnlich ist es auch nicht, dass ein Zahntechniker zum Termin in der Praxis hinzukommt. Den Beteiligten sind die gegenseitigen Verantwortlichkeiten in solchen Fällen nicht immer klar. Der folgende Beitrag zeigt daher die jeweiligen Rechtsbeziehungen auf. |

Die Grundstruktur der Leistungsbeziehungen

Ausgangspunkt für die Darstellung der Leistungsbeziehungen ist – bei der gesetzlichen als auch der privaten Krankenversicherung gleichermaßen – die Erkenntnis, dass zwischen Patient und Zahnlabor keine vertraglichen Beziehungen bestehen. Es besteht bildlich gesprochen daher keine vertragliche Dreiecksbeziehung („jeder mit jedem“), sondern vielmehr eine Leistungskette, in der der Zahnarzt das Bindeglied darstellt, weil er sowohl mit dem Patienten als auch dem Zahnlabor in vertraglicher Beziehung steht (die Fälle der Beteiligung eines Praxislabors bleiben hier außer Betracht).

Die Ausgestaltung der Leistungsbeziehungen

Nach überwiegender Auffassung in Rechtsprechung und Fachliteratur wird der Behandlungsvertrag zwischen Zahnarzt und Patient als Dienstvertrag eingeordnet. Dies gilt unabhängig davon, ob der Behandlungsgegenstand zum Beispiel allein konservierend-chirurgische Leistungen oder die Fertigung und Eingliederung von Kronen, Brücken, Implantaten oder ähnliches ist. Grund hierfür ist die Annahme, dass die ärztliche Leistung der gesamten Leistung das vorherrschende Gepräge gibt. Nichtsdestotrotz finden jedoch auch einzelne werkvertragliche Elemente Berücksichtigung. Das bedeutet unter anderem, dass

 

  • bei Erhalt des Zahlungsanspruchs kein Behandlungserfolg geschuldet wird,
  • der Behandlungsvertrag jederzeit gekündigt werden kann,
  • es keine spezielle dienstvertragliche Mängelgewährleistung gibt, aber
  • dem Zahnarzt ein Nachbesserungsrecht zusteht (werkvertragsähnlich).

 

Prothetische Arbeiten stellen einen Teil der zahnärztlichen Behandlungsleistung dar. Auch wenn der Zahnarzt die Prothetik bei einem Labor in Auftrag gibt, wird diese Leistung dem Patienten gegenüber vom Zahnarzt verantwortet; der Laborunternehmer ist quasi „Subunternehmer“ des Zahnarztes. Anders als der Behandlungsvertrag ist das Vertragsverhältnis zwischen Zahnarzt und Labor jedoch werkvertraglicher Natur. Das bedeutet unter anderem, dass

  • der Laborunternehmer ein Werk – also einen Erfolg – schuldet,
  • die Kündigung des Werkvertrages an bestimmte Voraussetzungen (zum Beispiel Fristsetzung) geknüpft ist und
  • speziell werkvertragliche Mängelgewährleistungsregeln bestehen.

Konsequenzen bei fehlerbehafteter Leistung

Kommt es bei zahnprothetischen Behandlungen zu Komplikationen, so können sich aufgrund der genannten strukturellen Unterschiede verschiedene Konstellationen ergeben. Hinzu kommt, dass das Vertragszahnarztrecht die zivilrechtliche Grundstruktur teilweise überlagert.

 

Aus vertragszahnärztlichen Vorgaben ergibt sich, dass der Zahnarzt – anders als bei Privatbehandlungen – dem Kassenpatienten zwei Jahre Gewährleistung auf eine prothetische Versorgung zu geben hat. Stellt sich der Patient während der Gewährleistungsfrist vor und sind Nachbesserungen an der Versorgung vorzunehmen, hat der Zahnarzt diese durchzuführen. Der Patient hält sich hier allein an seinen einzigen Vertragspartner, den Zahnarzt.

 

Der Laborunternehmer ist jedoch kein direkter Leistungserbringer im vertragsärztlichen System, er ist also nicht per se in solchen Fällen zur kostenlosen Nachbearbeitung verpflichtet. Sind zur Nachbearbeitung auch Maßnahmen im Zahnlabor vorzunehmen, so kommt es auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalles an, wer eventuelle Mehrkosten zu tragen hat.

 

Indem der Zahnarzt eine Brücke endgültig einzementiert und damit bewirkt, dass sie nicht mehr entfernt werden kann, ohne sie zu zerstören, bringt er zum Ausdruck, dass er sie als vertragsgemäßes Werk anerkannt hat (OLG Düsseldorf vom 14. Mai 2009, Az: 5 U 135/08; Abruf-Nr. 100081 unter www.iww.de). Ergeben sich also nach definitiver Eingliederung begründete Mängelrügen, so fallen erneute Laborkosten dem Zahnarzt zur Last. Nichts anders gilt bei reiner Privatbehandlung. Alle labortechnischen Nachbesserungsmaßnahmen sollten daher vor der endgültigen Eingliederung veranlasst werden.

 

Im Übrigen wird – Abnahmefragen einmal unberücksichtigt – zu unterscheiden sein: Ein Rückgriff auf den Laborunternehmer zwecks Nachbesserung setzt einen werkvertraglichen Mangel voraus. War die Prothetik von Anfang an mangelbehaftet oder waren erste Nachbesserungen nicht ausreichend, so hat der Laborunternehmer Abhilfe auf seine Kosten zu schaffen. Haben zum Beispiel Behandlungsmaßnahmen des Zahnarztes die Prothetik beeinträchtigt, dann hat er also technisch ausgedrückt den Mangel am Werk selbst verschuldet und ein Gewährleistungsfall wird nicht anzunehmen sein.

 

Die Kardinalfrage wird dann sein, wann (allein) Verschulden des Laborunternehmers vorliegt und wann der Zahnarzt einstehen muss. Hier dürften folgende generelle Aussagen gelten: Materialfehler und handwerkliche Ungenauigkeiten gehen zu Lasten des Laborinhabers und verpflichten ihn zur werkvertraglichen Nachbesserung (vor Abnahme!). Planungsbedingte Mangelrealisation oder grundlegende Änderungen an der laborgefertigten Prothetik durch den Zahnarzt wirken sich zu Lasten des Behandlers aus.