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06.12.2010 |Recht Honorarklage: Getrennte anwaltliche Vertretung für Implantologen und Prothetiker?

06.12.2010 |Recht

Honorarklage: Getrennte anwaltliche Vertretung für Implantologen und Prothetiker?

von Rechtsanwältin und Fachanwältin für Medizinrecht Anita Benigna Lehner, Feldafing, www.rain-lehner.de

Der Fall: Bei einem 50-jährigen Patienten mit insuffizientem herausnehmbaren Zahnersatz waren Bisshöhe und -lage verlorengegangen. Ein entfernungsbedürftiger Restzahnbestand im Ober- und Unterkiefer war vorhanden. Im OK bestanden beidseits Alveolardefizite und im UK eine Alveolarkammatrophie. Der Patient wünschte eine festsitzende Gesamtversorgung, die nur mit 14 Implantaten realisierbar war.  

 

Die Prozessstrategie

Nach erfolgreicher chirurgischer und prothetischer Versorgung bezahlte der Patient seine Rechnung nicht. Sowohl der Implantologe als auch der Prothetiker betrieben daraufhin je eine Honorarklage gegen den Patienten, die erfolgreich realisiert werden konnten. Die Klagen der beiden Parteien wurden durch das Gericht zu einem Verfahren verbunden und ein Gerichtsgutachter wurde berufen.  

 

Der Implantologe strengte daraufhin die Trennung der Verfahren aufgrund zu differenzierender implantologischer und prothetischer Versorgung an und setzte diese durch. Der Patient war nun gezwungen, seine Einwendungen (Probleme beim Kauen infolge Wangeneinbiss, nachhaltige Störung im Sprach- und Sprechverhalten, wertlose Versorgung) gegen den Implantologen und gegen den Prothetiker zu unterscheiden.  

 

Die gutachterlichen Fragestellungen waren für den Implantologen und Prothetiker spezifiziert zu stellen und aus Sicht der Behandler entsprechend zu ergänzen. Entscheidend für den Implantologen war die Frage der korrekten Implantatpositionierung für die korrekten prothetischen Erfordernisse. Diese wurde bestätigt. Der Patient erkannte den Zahlungsanspruch des Implantologen vor Gericht an. Entscheidend war alleinig die Feststellung des Gerichtsgutachters; Privatgutachten werden rechtlich als ein qualifizierter Parteivortrag mit Gefälligkeitscharakter bewertet. 

 

Es ist vorteilhaft, den Gerichtsgutachter bereits bei der Benennung auf seine fachliche Kompetenz für den Versorgungsfall und gegebenenfalls auch auf Befangenheit zu prüfen. Dem Gericht sollte eine aktuelle Liste der fachlich geeigneten Zahnärzte der jeweiligen Landeszahnärztekammer vorgelegt werden. Diese Institutionen überprüfen regelmäßig objektiv die Eignung als Sachverständige. 

 

Die Rechtslage

Eine Aufklärungsrüge wurde nicht erhoben. Der Patient war für die Behauptung eines Behandlungsfehlers beweisbelastet. Indem die Behandlung als wertlos bezeichnet wurde, berief sich der Patient auf einen groben Behandlungsfehler. In diesem Fall greift eine Beweislastumkehr für den eingetretenen Primärschaden, sodass die Kausalität vermutet wird und der Behandler beweisen muss, dass der Behandlungsfehler für die Schädigung nicht ursächlich war. Die Implantatsetzung war jedoch – so das Gericht – kunstgerecht und erfolgreich. Der unterlegene Patient hatte neben dem Honorar zuzüglich Zinsen auch die Gerichts-, Sachverständigen- und Anwaltskosten zu tragen. 

 

Praxishinweise

Zur eindeutigen Darstellung sollte – auch zur Überzeugung des Gerichts – die anschauliche Darstellung mit Hilfe von Modellen im Artikulator sowie die rege Diskussion zwischen Behandler, Gerichtsgutachter und Privatgutachtern erfolgen. Damit werden gegebenenfalls „Missverständnisse“ endgültig beigelegt.  

 

Außerdem empfiehlt sich – wie dieser Fall zeigt – die getrennte anwaltliche Vertretung für den Implantologen und Prothetiker sowie die Trennung der Verfahren zur exakten Herausarbeitung der Behauptungen des Patienten sowie der gutachterlichen Zuordnung der Problemkreise und deren Klärung.