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31.03.2011 |Recht Inhaltlicher und zeitlicher Umfang des Einsichtsrechts des Patienten

31.03.2011 |Recht

Inhaltlicher und zeitlicher Umfang des Einsichtsrechts des Patienten

von Norman Langhoff, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht, RöverBrönner, Berlin, www.roeverbroenner.de

Das Einsichtsrecht des Patienten in die Behandlungsdokumentation ist eine vertragliche Nebenpflicht des behandelnden Zahnarztes. Sie gilt jedoch nicht unbegrenzt, wie nachfolgend erläutert wird. 

Inhaltlicher Umfang des Einsichtsrechts

Die zahnärztliche Dokumentation umfasst „Befunde und Behandlungsmaßnahmen“ (so zum Beispiel § 12 Abs. 1 Satz 1 der Musterberufsordnung der Bundeszahnärztekammer – MBO-Z – und § 7 Abs. 1 Berufsordnung – BO – Zahnärztekammer Berlin). Der Einsichtsanspruch bezieht sich auf diese Behandlungsunterlagen. Er erstreckt sich allerdings nicht auf subjektive Einschätzungen, die vor Herausgabe unkenntlich gemacht – zum Beispiel abgedeckt – werden können. 

 

Das Einsichtsrecht gilt ohne zeitliche Beschränkung für das zurückliegende Behandlungsgeschehen. Soll einem Dritten Einsicht gewährt werden (zum Beispiel einer PKV), muss die Zustimmung des Patienten vorliegen, die dieser inhaltlich und zeitlich jedoch beschränken kann. Vor der Herausgabe an Dritte muss daher eine Abstimmung mit dem Patienten erfolgen; alternativ können ihm die Unterlagen auch zur Weiterleitung an die Versicherung übersandt werden. 

Zeitlicher Umfang des Einsichtsrechts

Die Länge von Aufbewahrungspflichten ist je nach Anknüpfungspunkt unterschiedlich und bundesweit uneinheitlich. Die MBO-Z hat keine unmittelbare Bindungswirkung, die Berufsordnungen der Zahnärztekammern weichen teilweise voreinander ab. Die Mehrzahl der ärztlichen und zahnärztlichen Berufsordnungen sehen übereinstimmend eine Mindestaufbewahrungsfrist der Behandlungsdokumentation von zehn Jahren nach Abschluss der Behandlung vor, soweit nicht gesetzlich längere Fristen vorgesehen sind. 

 

Eine zehnjährige Aufbewahrungspflicht ab der letzten Untersuchung gilt zum Beispiel auch für zu diagnostischen Zwecken gefertigte Röntgenaufnahmen (§ 28 Abs. 3 Satz 2 RöV); bei Minderjährigen gelten längere Fristen. Einige Länderberufsordnungen sehen – wie die MBO-Z – eine mindestens zweijährige Aufbewahrungspflicht für Modelle vor, soweit diese für die Dokumentation notwendig sind. Wann solche Modelle „notwendig“ sind und ob die Pflicht zu deren Aufbewahrung zugunsten des Patienten wirkt, ist in der Rechtsprechung noch nicht abschließend entschieden worden. Modelle sind „Aufzeichnungen, Krankengeschichten und Röntgenbilder“ jedenfalls nicht automatisch gleichgestellt (OLG München, Beschlüsse vom 2. August und 12.September 2007 – Az: 1 U 2945/07, Abruf-Nr. 111034 unter www.iww.de). Folgt man dieser Auffassung, dann wären sie wohl nicht vom Einsichtsrecht umfasst. 

Elektronische Aufzeichnungen von Behandlungen

Die EDV-technische Dokumentation ist der handschriftlichen berufsrechtlich gleichgestellt (so ausdrücklich zum Beispiel § 12 Abs. 2 Satz 1 MBO-Z, gleichlautend zum Beispiel die Berufsordnungen der Zahnärztekammern Bayern, Sachsen-Anhalt, Bremen, Westfalen-Lippe). Entsprechend gelten die gleichen Aufbewahrungsfristen auch für digital gespeicherte Befunde oder Modelle. An die zahnärztliche Dokumentation bei elektronischer Behandlungsdokumentation werden die gleichen Anforderungen gestellt wie an die handschriftlichen Aufzeichnungen in einer Karteikarte. Dazu ein Zitat aus der MBO-Z: 

 

§ 12 Abs. 2 Musterberufsordnung für Zahnärzte (MBO-Z)

„Zahnärztliche Dokumentationen, auch auf elektronischen Datenträgern, sind Urkunden und entsprechend den gesetzlichen und vertragsrechtlichen Vorschriften aufzubewahren. Beim Umgang mit zahnärztlichen Dokumentationen sind die Bestimmungen über die ärztliche Schweigepflicht und den Datenschutz zu beachten.“ 

Landgericht Köln: Patient hat Anspruch auf Herausgabe aller objektiven Befunde und Berichte

Das Landgericht Köln hat mit einem Kostenbeschluss vom 11. Mai 2010 (Az: 3 O 477/08; Abruf-Nr. 102943) über die Frage entschieden, welche Anforderungen an eine elektronische Behandlungsdokumentation eines Zahnarztes zu stellen sind. Der Patient verlangte von seinem Zahnarzt die Herausgabe der Behandlungsdokumentation, die ihm allerdings nur zögernd in Form von zwei Panoramaschichtaufnahmen und einem vierseitigen EDV-Ausdruck zugestellt wurden. Der Patient zeigte sich damit jedoch nicht zufrieden und verfolgte gerichtlich die Herausgabe der Behandlungsdokumentation weiter.  

 

Dem Gericht gegenüber machte der Zahnarzt geltend, dass mittels seiner Praxis-Software keine weitere Aufzeichnung von Befunden möglich sei, worauf das Landgericht dies als pflichtwidrig erachtete. Die Richter führten aus, dass der Anspruch des Patienten auf Herausgabe seiner Behandlungsunterlagen alle Aufzeichnungen umfasse, soweit diese objektive physische Befunde und Berichte über Behandlungsmethoden wie Medikation, Operation und Ähnliches enthielten.