03.05.2011 |Recht Straf- und disziplinarrechtliche Fallstricke bei der Abrechnung
03.05.2011 |Recht
Straf- und disziplinarrechtliche Fallstricke bei der Abrechnung
von Norman Langhoff, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht, RöverBrönner, Berlin, www.roeverbroenner.de
Im ersten Teil in „Praxis Implantologie“ Nr. 4/2011 wurden schwerpunktmäßig die rechtlichen Konsequenzen bei einer falschen Abrechnung dargestellt. Nachfolgend werden weitere kritische Aspekte im Zusammenhang mit der zahnärztlichen Liquidation erörtert.
Persönliche Leistungserbringung
Wesentliches Merkmal freiberuflicher Tätigkeit ist die persönliche Leistungserbringung. So ist der Zahnarzt berufsrechtlich verpflichtet, „Leistungen … über die Ausübung der Zahnheilkunde persönlich zu erbringen“ (zum Beispiel § 1 Abs. 3 BO der ZÄK Berlin). Im Grundsatz dürfen zahnärztliche Leistungen gegenüber den KZVen bzw. den Patienten auch nur abgerechnet werden, wenn diese von dem niedergelassenen und zugelassenen Vertragszahnarzt auch persönlich erbracht worden sind, also „eigene Leistungen“ sind.
Dies gilt aber nicht ausnahmslos. Einerseits unterfallen nicht alle Tätigkeiten dem Arztvorbehalt und können ggf. delegiert – und auch abgerechnet werden (§ 4 Abs. 2 S. 1 GOZ: Auch Tätigkeiten unter Aufsicht nach fachlicher Weisung sind „eigene Leistungen“). Erfordert eine Leistung oder die Beherrschung gesundheitlicher Gefährdungen jedoch ärztliche Fachkenntnisse, darf nur ein Arzt tätig werden (Arztvorbehalt). Zu nennen sind hier unter anderem Anamnese, Indikationsstellung, Untersuchung des Patienten, Diagnosestellung, Aufklärung und Therapiewahl sowie Durchführung invasiver Therapien einschließlich Kernleistungen operativer Eingriffe.
Ist eine höchstpersönliche Leistung nicht erforderlich, dann darf die Leistungserbringung an nichtärztliches Personal delegiert werden. Voraussetzung ist grundsätzlich, dass das Personal über eine entsprechende Ausbildung verfügt und die Eignung vom Arzt auch selbst stichprobenartig überprüft wird. Darüber hinaus muss sich der Arzt bei Erbringung von ihm delegierter Leistungen in Rufweite befinden. Längere Abwesenheiten schließen daher eine Delegation aus.
Von der Delegation ist die Vertretung zu unterscheiden. Diese hat durch ärztlich ausgebildetes Fachpersonal zu erfolgen. Die Vertretung kann sich aber sowohl auf dem Arztvorbehalt unterfallende Tätigkeiten als auch delegierbare Leistungen beziehen. Die Vertretung ist im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben zulässig. Da im Vertragsarztrecht nur persönlich erbrachte ärztliche Leistungen abgerechnet werden dürfen, bedürfen zum Beispiel angestellte Ärzte einer Anstellungsgenehmigung. Von ihnen erbrachte Leistungen werden dann dem Vertragszahnarzt als eigene zugerechnet und sind als solche abrechenbar. Wer also unzulässig delegierte Leistungen oder unzulässige Vertretungsleistungen abrechnet, riskiert straf-, berufs- und ggf. vertragszahnarztrechtliche Sanktionen.
Wahl des Gebührenrahmens
Rechnet der Zahnarzt nach der GOZ ab, ist er berechtigt, die Gebühren innerhalb des Gebührenrahmens „unter Berücksichtigung der Schwierigkeit und des Zeitaufwandes der einzelnen Leistung sowie der Umstände bei der Ausführung nach billigem Ermessen zu bestimmen“ (§ 7 Abs. 2 S. 1 GOZ). Soll der 2,3-fache Satz überschritten werden, so ist dies nur zulässig, wenn die genannten Kriterien dies rechtfertigen; der Gebührenansatz ist zudem in der Rechnung zu begründen und auf Nachfrage zu erläutern (§ 10 Abs. 3 GOZ). Wird bei der Begründung über die Kriterien getäuscht, kommen Strafbarkeit wegen Betruges und berufsrechtliche Sanktionen in Betracht.
Kick-back-Problematik
Dass Rückvergütungsvereinbarungen („Kick-back-Zahlungen“) ein hohes Risikopotenzial bergen, dürfte in der Zahnärzteschaft spätestens seit der „Globudent“-Affäre hinreichend bekannt sein. Dennoch kann darauf nicht eindringlich genug hingewiesen werden.
Mit seiner Abrechnung der Bema-Teile 1 bis 5 bestätigt der Vertragszahnarzt unter anderem, dass „die abgerechneten Material- und Laborkosten der gewerblichen Laboratorien tatsächlich entstanden sind, und dass er Rückvergütungen, wie Preisnachlässe, Rabatte, Umsatzbeteiligungen, Bonifikationen und rückvergütungsgleiche Gewinnbeteiligungen mit Ausnahme von Barzahlungsrabatten an die Ersatzkasse weitergibt“ (§ 16 EKV-Z). Im PKV-Bereich ergibt sich die Pflicht zur Weitergabe von Rabatten, Umsatzbeteiligungen etc. aus § 9 GOZ.
Auch Vorgaben in Berufsordnungen, die zur Weitergabe von Rabatten beim Bezug von Implantaten verpflichten, sind zulässig (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 25. März 2009, Az: 8 C 1/09; Abruf-Nr. 092253).
In einem aktuellen Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Hannover vom 24. November 2010 (Az: 5 A 1975/09; Abruf-Nr. 111414) bezog ein Zahnarzt über eine von seiner Ehefrau geführte Gesellschaft zahnprothetische Leistungen eines ausländischen Labors, das Preise von nur 40 bis 45 Prozent der BEL-II-Höchstpreise bot, ohne die Preisnachlässe weiterzureichen. Nachdem der Zahnarzt bereits wegen banden- und gewerbsmäßigen Betruges in 707 (!) Fällen zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt worden war, bestätigte das VG zudem den Widerruf der Approbation als rechtmäßig.
Weiterführender Hinweis
- Literaturnachweise zu diesen Rechtsgebieten sind beim Autor erhältlich.