21.08.2019·Revisionsbehandlungen Implantatversagen: Empfiehlt sich ein zweiter oder gar dritter Versuch?
·Revisionsbehandlungen
Implantatversagen: Empfiehlt sich ein zweiter oder gar dritter Versuch?
von Wolfgang Schmid, Schriftleiter ZahnmedizinReport, Berlin
| Nach der Entfernung eines gescheiterten Implantats steht der Patient vor der schwierigen Entscheidung, wie es weitergehen soll. Soll er sich auf eine Revision ‒ also eine zweite Implantation ‒ einlassen oder nicht? Daten aus einigen Studien zeigen, dass eine Revision durchaus überlegenswert ist. Allerdings sollte man einige Punkte beachten. |
Alternativen zur Implantat-Revision
Implantate haben traditionell hohe Überlebensraten. Es können jedoch Komplikationen auftreten, die zum Verlust des Implantats führen. In solchen Fällen kann eine herausnehmbare Prothese eine Alternative zu der Revision sein ‒ was aber oft nicht die erste Wahl der Therapie ist. Eine weitere alternative Behandlungsoption nach dem Scheitern eines Implantats kann eine festsitzende Teilprothese auf benachbarten natürlichen Zähnen sein. Diese Option setzt jedoch voraus, dass der Patient der Präparation der natürlichen Zähne zustimmt und die Pfeilerzähne genügend parodontale Unterstützung haben, um den Kräften einer Brücke standzuhalten.
Geringere Erfolgsraten beim zweiten und dritten Versuch
Für den Ersatz eines fehlgeschlagenen Zahnimplantats durch ein zweites Implantat werden in der Literatur sehr unterschiedliche Überlebensraten angegeben. Diese liegen im Bereich von 69 bis 91 Prozent. Eine aktuelle Metaanalyse umfasst acht retrospektive klinische Studien für 673 Implantate bei 557 Patienten nach der Revisionsbehandlung. Die gewichtete mittlere Überlebensrate für Implantate nach der Revisionsbehandlung betrug in diesen acht Studien 86,3 Prozent, wobei die Nachbeobachtungszeit von weniger als einem Jahr bis über fünf Jahre reichte. Weitere Ergebnisse der Studie waren:
- Die Überlebensraten von glatten und angerauten Implantaten wurden bei 217 Revisions-Implantaten verglichen. Demnach war die Überlebensrate von angerauten Implantaten signifikant höher als bei glatten (90 versus 68,7 Prozent).
- Zhou et al. fanden sogar Daten für eine dritte Implantation: 31 Implantate zeigten bei einem dritten Versuch eine mittlere Überlebensrate von 74,19 Prozent (23 von 31) bei einem Follow-up von rund 30 ± 15 Monaten.
Implantat-Revision: drei klinische Tipps vom Praktiker
Ersatzimplantate haben nicht nur niedrigere Erfolgsraten als die ersten Implantate, sondern erfordern auch oft zusätzliche Weich- und/oder Hartgewebetransplantate, längere Heilungszeiten, neue Abutments/Kronen und andere zusätzliche Unannehmlichkeiten sowie Kosten für den Patienten. Vor der erneuten Implantation ist es wichtig, die Ätiologie des anfänglichen Implantatversagens festzustellen. Darüber hinaus sollten Methoden zur Verbesserung der Osseointegration des Ersatzimplantats eingesetzt werden. Im Folgenden werden drei klinische Tipps wiedergegeben, mit denen der US-amerikanische Parodontologe Scott Froum die Überlebensrate von Zahnimplantaten nach einem anfänglichen Implantatversagen verbessert.
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1. Gründliches Entfernen von faserigem Weichgewebe aus dem Implantatlager Faseriges Weichgewebe bildet eine Barriere für den Kontakt zwischen Knochen und Implantat und somit für die Osseointegration des Ersatzimplantats. Es ist möglich, dass das Scheitern des ersten Implantats aus einer Verkapselung des Implantats ‒ oder eines Teils davon ‒ mit Weichgewebe resultiert. Vor der neuen Implantatinsertion ist es unerlässlich, das Implantatlager gründlich zu debridieren und alle Weichgewebsteile sorgfältig zu entfernen. Eine geeignete Instrumentierung ermöglicht es, den Scheitelpunkt des Implantatlagers zu erreichen. Die Kürette muss scharf genug zu sein, um eine Kürettage an den knöchernen Wänden der Alveole durchzuführen. Nach der vollständigen Gewebeentfernung ist die chemische Modifikation der nächste Schritt.
2. Vollständiges Debridement von Bakterien im Implantatlager und im umgebenden Gewebe Implantate, die an Periimplantitis erkrankt sind, werden in der Regel den gleichen Krankheitserregern ausgesetzt, die auch natürliche Zähne betreffen. Diese Bakterien können nicht nur eine Implantatoberfläche besiedeln, sondern auch im umgebenden periimplantären Gewebe vorkommen. Die vollständige Entfernung dieser Bakterien durch chemische Antibiose der Implantatalveole und des umgebenden Gewebes kann bei der Entfernung der Krankheitserreger helfen. Obwohl beide Spüllösungen wirksam sind, ist neutrales EDTA (mit einem pH-Wert von 7,4) eine bessere Alternative im Vergleich zu 60 Prozent Zitronensäure (mit einem pH-Wert von 1). Darüber hinaus kann die Lasersterilisation des entzündeten Weichgewebes, welches das gescheiterte Implantat umgibt, den Gewebetonus während der Heilung erhöhen.
3. Erhöhung der Angiogenese an Hart- und Weichgewebe Die Blutversorgung des Hart- und Weichgewebes, das ein Zahnimplantat umgibt, ist für die Osseointegration von entscheidender Bedeutung. Da die Implantatoberfläche selbst avaskulär ist, ist die Durchblutung des umgebenden Bereichs eine Herausforderung. Wenn ein Implantat versagt, kann die Vaskularität des umgebenden Gewebes weiter geschädigt werden. Jede Verbesserung des angiogenen Potenzials des Hart- und Weichgewebes kann bei einer Implantrevision helfen. Es wird vorgeschlagen, das Implantatlager mit einem Präzisionsnadelbohrer oder Rundkarbid zu behandeln, um durch Dekortikation die Durchblutung des Bereichs zu erhöhen. Die Zugabe von exogenen Wachstumsfaktoren und Proteinen ‒ wie z. B. blutplättchenbasierte Wachstumsfaktoren (Platelet-derived growth factor), leukozytenplättchenreiches Fibrin, Schmelzmatrixderivat und knochenmorphogene Proteine ‒ wurden alle verwendet, um die angiogene Reaktion zu verbessern. |
* Scott Froum ist Parodontologe in eigener Praxis in New York. Er ist Schriftleiter von „Perio-Implant Advisory“ und im Redaktionsbeirat von „Dental Economics“.
FAZIT | Obwohl sich gezeigt hat, dass Implantatrevisionen nach einem anfänglichen Misserfolg eine geringere Erfolgsrate im Vergleich zur ersten Implantatinsertion haben, können die drei in diesem Beitrag diskutierten Methoden die Überlebensrate von reimplantierten Zahnimplantaten erhöhen. Auf jeden Fall aber sollte vor Beginn einer Behandlung eine ehrliche Diskussion zwischen dem Patienten und dem Zahnarzt über die Risiken der zweiten Implantation stattfinden. |
Quellen
- Froum S. Replacement dental implants: 3 clinical methods to increase survival rates after initial implant failure. Perio-Implant Advisory, online 05.06.2018
Literatur
- Froum S. Replacement dental implants: 3 clinical methods to increase survival rates after initial implant failure. Perio-Implant Advisory, online 05.06.2018: https://www.perioimplantadvisory.com/clinical-tips/article/16412259/replacement-dental-implants-3-clinical-methods-to-increase-survival-rates-after-initial-implant-failure
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