Praxisführung

Prothetikumsätze in der Zahnarztpraxis: Wichtiges zur Umsatzsteuer, Teil 1

31.05.2010 |Steuern

Prothetikumsätze in der Zahnarztpraxis: Wichtiges zur Umsatzsteuer, Teil 1

Berufsrechtlich darf der Zahnarzt ein Praxislabor führen. Um Wettbewerbsverzerrungen mit gewerblichen Dentallaboren zu vermeiden, hat der Gesetzgeber im Umsatzsteuergesetz (UStG) die Lieferung von in der Praxis des Zahnarztes hergestellten Zahnprothesen, anderen Waren der Zahnprothetik sowie kieferorthopädischen Apparaten von der Steuerbefreiung ausgenommen (§ 4 Nr. 14a UStG). Dabei ist es unerheblich, ob die Arbeiten vom Zahnarzt selbst oder von einem angestellten Zahntechniker durchgeführt werden. 

 

Die Lieferung der selbst hergestellten Teile ist somit steuerpflichtig, die (Weiter-)Lieferung der erworbenen Zahnprothesen steuerfrei. Inlays, Dreiviertelkronen und Veneers sind Zahnprothesen im Sinne dieser Vorschrift. Bereits die Fertigung von Modellen, Bissschablonen, Bisswällen und individuellen- bzw. Funktionslöffeln sowie die Verwendung der vom Zahnarzt individuell hergestellten provisorischen Kronen und die von ihm durchgeführten indirekten Unterfütterungen von Zahnprothetik sind umsatzsteuerpflichtige Leistungen. 

 

Werden sowohl im Praxislabor als auch im Dentallabor Prothetikleistungen erbracht, so ist nur der Leistungsteil, der auf das Praxislabor entfällt, für den Zahnarzt umsatzsteuerpflichtig. Die Lieferung der Zahnprothetik an Patienten (Material- und Laborkosten) unterliegt dem ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent – wie bei den Dentallaboren. Das Honorar für die übrige zahnärztliche Leistung wie konservierende Maßnahmen bleiben umsatzsteuerfrei. Eine gut nachvollziehbare Trennung der Geschäftsvorfälle ist dabei unabdingbar. 

Was gilt im Falle der Beistellung von Material?

Lässt ein Zahnarzt zum Beispiel Prothesen außerhalb seiner Praxis fertigen, stellt er jedoch dem Dentallabor Material – wie Zahngold, künstliche Zähne oder Implantat-Sekundärteile – zur Verfügung, so wird diese Materialbeistellung umsatzsteuerlich wie eine Herstellung der Zahnprothetik durch den Zahnarzt selbst behandelt. Der Zahnarzt wird dadurch so gestellt, als hätte er das beigestellte Material direkt und ohne den Umweg über das gewerbliche Dentallabor an den Patienten geliefert. Der Steuersatz beträgt somit ebenfalls 7 Prozent. Ausnahme ist die Kleinunternehmerregelung (siehe nächste Seite). 

Umsatzsteuerliche Rechte und Pflichten

Die von einem anderen Unternehmer in Rechnung gestellte Umsatzsteuer kann vom empfangenden Unternehmer als Vorsteuer abgezogen werden, wenn sie im Zusammenhang mit seinen umsatzsteuerpflichtigen Einnahmen steht. Dies ist jedoch nicht möglich, wenn sie im Zusammenhang mit seinen steuerfreien Einnahmen steht. 

 

Auf allen Eingangsrechnungen wird die Umsatzsteuer ausgewiesen. Diese bezahlten Umsatzsteuerbeträge können einerseits dem Finanzamt gegenüber als Vorsteuer geltend gemacht werden, soweit die bezogenen Lieferungen/Leistungen zur Ausführung steuerpflichtiger Ausgangsumsätze – zum Beispiel steuerpflichtiger Teil der Prothetikumsätze – verwendet werden. Die im Praxislabor und die für andere umsatzsteuerpflichtige Lieferungen bzw. Leistungen erzielte Umsatzsteuer muss andererseits an das Finanzamt abgeführt werden. 

Die Kleinunternehmerregelung

Zahnärzte erzielen oft umsatzsteuerpflichtige Einnahmen, aber meist in geringem Umfang. Der Gesetzgeber hat daher den „Kleinunternehmer“ von allen umsatzsteuerlichen Pflichten freigestellt. Dazu zählt jeder Unternehmer, dessen steuerpflichtige Brutto-Umsätze im Vorjahr 17.500 Euro nicht überstiegen haben und im laufenden Kalenderjahr 50.000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen werden.Der Kleinunternehmer kann dem Finanzamt gegenüber erklären, dass er seine Umsätze freiwillig versteuern möchte (Option zur Umsatzsteuer). Daran ist er fünf Jahre gebunden. Dies kann sinnvoll sein, wenn hohe Vorsteuerbeträge geltend gemacht werden können (Anschaffung CEREC-Gerät, Erstausstattung Eigenlabor etc.). 

Die Anmeldung der Umsatzsteuer

Die Umsatzsteuer unter Abzug der Vorsteuer muss beim Finanzamt angemeldet und aufgrund der eigenen Meldung gezahlt werden, ohne dass ein Steuerbescheid erfolgt. Der Zahnarzt kann einen Antrag auf „Ist-Versteuerung“ beim Finanzamt stellen, damit die Umsatzsteuer erst bei Geldeingang erklärt und abgeführt werden muss. 

Die Dokumentation der Vorsteuer

Vorleistungen mit Vorsteuerbeträgen, die der Zahnarzt gegenüber dem Finanzamt geltend macht, müssen für den Steuerberater kenntlich gestellt werden. Der Zahnarzt oder eine beauftragte Person muss bei Ablage von Rechnungen entscheiden, ob ein Vorsteuerabzug insgesamt, anteilig oder gar nicht möglich ist.  

 

Praxistipp: Kennzeichnen Sie alle umsatzsteuerpflichtigen Leistungen mit einem Großbuchstaben. Bei umsatzsteuerpflichtigem Praxislabor zum Beispiel mit einem „L“ für Labor oder bei allgemein umsatzsteuerpflichtigen Leistungen mit „U“ für Umsatzsteuer. 

 

Ausblick: In Kürze werden wir einige Beispiele zu Material- und Laborbelegen mit und ohne Umsatzsteuerpflicht veröffentlichen.