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31.08.2016·Steuern Umsatzsteuerpflicht wird verstärkt geprüft: Wo endet Heilbehandlung, wo beginnt Zahntechnik?

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Umsatzsteuerpflicht wird verstärkt geprüft: Wo endet Heilbehandlung, wo beginnt Zahntechnik?

von ZMV Birgit Sayn; Praxisschulung, Seminare und Coaching, Leverkusen

| Wo endet die umsatzsteuerfreie Heilbehandlung und wo beginnt die umsatzsteuerpflichtige Zahntechnik? Es ist manchmal selbst für einen Zahnarzt schwierig, diese Grenze zu erkennen. Das wird aber immer wichtiger, denn beispielsweise besteht die bayerische Finanzverwaltung auch im Gesundheitswesen auf der gesetzlichen Pflicht zur Abgabe einer Umsatzsteuererklärung. Zwar werde – so der Vizepräsident des Bayerischen Landesamts für Steuern – hier überwiegend die Kleinunternehmerregelung angewandt (§ 19 UStG). Das Leistungsspektrum hätte sich jedoch dahingehend verändert, dass nicht mehr ohne Weiteres von der Steuerbefreiung für sämtliche Tätigkeiten im Gesundheitswesen ausgegangen werden könne. |

Was wird in Zukunft verstärkt geprüft?

Verstärkt geprüft werden soll „die Abgrenzung zwischen steuerfreien Heilbehandlungen und steuerpflichtigen Umsätzen“. Nimmt der Zahnarzt eine Steuerbefreiung in Anspruch, so trifft ihn zugleich die Feststellungslast dafür, dass die Voraussetzungen tatsächlich vorliegen, z. B. die medizinische Indikation der Maßnahme. Damit einher geht die Aufgabe, dies für die Finanzbehörde nachprüfbar und einzelfallbezogen zu dokumentieren.

 

Die bayerische Finanzverwaltung will auch Zahnärzte, die bislang nicht zur Umsatzsteuer veranlagt wurden, zur Abgabe der Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2015 auffordern. Der Bundesrechnungshof hat bereits in 2013 das Bundesfinanzministerium aufgefordert, bei den Ländern darauf hinzuwirken, dass die Finanzämter (umsatz-)steuerpflichtige Leistungen auch der Zahnärzte mithilfe eines branchenspezifischen Fragebogens vollständig erfassen sollten. Das Finanzamt hat grundsätzlich das Recht, die Angaben in der Erklärung im Rahmen des Ermessens unter Berücksichtigung von Steuerausfallrisiken in Einzelfällen zu überprüfen. Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist für Zahnärzte, dass die jeweilige Leistung der Vorbeugung, Diagnose, Behandlung und – soweit möglich – der Heilung von Krankheiten dient.

Wie lautet eine Aufforderung zur Abgabe der Steuererklärung?

Die folgende Aufforderung wird Zahnarztpraxen vom Finanzamt zugestellt:

 

  • Schreiben des bayerischen Finanzamts (auszugsweise)

„Nach § 149 Absatz 1 Abgabenordnung und § 18 Absatz 3 Umsatzsteuergesetz (UStG) sind Sie als Unternehmer verpflichtet, Umsatzsteuererklärungen elektronisch abzugeben. Ich bitte Sie, folgende Steuererklärung bis spätestens 31.12.2016 elektronisch einzureichen: Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr 2015. Bitte beachten Sie, dass bei der Erklärungsabgabe auch die Anlage UR zu übermitteln ist. Sie sieht u. a. die Angaben zu innergemeinschaftlichen Erwerben und zu Umsätzen, für die der Leistungsempfänger die Steuer (§ 13b UStG) schuldet, sowie zu steuerfreien Umsätzen vor.“

 

Wie ist eine Heilbehandlung definiert, wo endet sie?

Die Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (ZMK) umfasst das Vorbeugen, Erkennen und Behandeln von Erkrankungen im ZMK-Bereich. Die gesetzliche Grundlage ist im § 1 Abs. 3 Zahnheilkundegesetz (ZHG) definiert: Das Ausüben der Zahnheilkunde ist danach „die berufsmäßige, auf zahnärztlich wissenschaftliche Erkenntnisse gegründete Feststellung und Behandlung von Zahn, Mund- und Kieferkrankheiten (ZMK). Als Krankheit ist jede von der Norm abweichende Erscheinung im Bereich der Zähne, des Mundes und der Kiefer anzusehen, einschließlich der Anomalien der Zahnstellung und des Fehlens von Zähnen.“

 

Nach § 4 Nr. 14a UStG sind die Leistungen niedergelassener Zahnärzte umsatzsteuerfrei, soweit es sich um heilberufliche Leistungen handelt. Bei derartigen Leistungen steht immer ein therapeutisches Ziel im Vordergrund.

 

Wer in Deutschland die Zahnheilkunde dauernd ausüben will, bedarf einer Approbation als Zahnarzt nach Maßgabe des ZHG. Zwar ist die Fertigung eines zahntechnischen Werkstücks keine Heilbehandlung im engeren Sinne, sie ist jedoch Bestandteil der zahnärztlichen Berufsausübung. Der Zahnarzt ist aufgrund seiner universitären Ausbildung in der Lage und kraft seiner Approbation befugt, zahntechnische Leistungen selbst zu erbringen.

 

Die Gebührenordnungen BEMA und GOZ enthalten zahnmedizinische, aber keine technischen Leistungen, die für die Her- bzw. Wiederherstellung von Zahnkronen und Zahnersatz erforderlich sind. Welche zahnärztlichen Leistungen z. B. für die Berechnung prothetischer Leistungen erforderlich sind, ist den Abrechnungsbestimmungen der jeweiligen Gebührenziffer zu entnehmen. Hier endet die Heilbehandlung.

Wo beginnen und enden zahntechnische Leistungen?

Die zahntechnische Tätigkeit beginnt außerhalb des Mundes. Zahntechnische Leistungen sind alle erbrachten handwerksüblichen Leistungen, die der Umsatzsteuer unterliegen.

 

Nach § 11 der Musterberufsordnung für Zahnärzte (MBO-Z) ist der Zahnarzt berechtigt, im Rahmen seiner Praxis ein zahntechnisches Labor zu betreiben, das nicht der Handwerksordnung unterliegt, sondern Teil einer Zahnarztpraxis ist (Hilfsbetrieb). Die Beschäftigung eines Zahntechnikers ist keine Pflicht, zahntechnische Leistungen können – wie bereits erwähnt – auch durch den Zahnarzt erbracht werden. Diese sind nicht immer berechenbar. Im Festzuschusssystem – Befund 6.0 – heißt es: „Wiederherstellungsbedürftige herausnehmbare-/Kombinationsversorgung ohne Abformung und ohne zahntechnische Leistungen, auch Auffüllen Sekundärteleskope im direkten Verfahren, je Prothese.“

 

Der Befund 6.0 wird als Festzuschuss gewährt, wenn der Zahnarzt z. B. nach der Extraktion eines Zahns ein Sekundärteleskop an der Prothese im Mund (direktes Verfahren) ohne Abformung auffüllt. Hierfür ist lediglich die BEMA-Nr. 100a (Wiederherstellung ohne Abformung) berechenbar, keine zusätzliche zahntechnische Leistung. Weitere Beispiele für Wiederherstellungen im direkten Verfahren ohne die Berechenbarkeit zahntechnischer Leistungen sind: Aktivieren von Halte-, Stütz- oder Verbindungselementen und Erneuerung bzw. Wiederherstellung von Verblendungen oder Facetten an Kronen und Brücken im Verblendbereich.

 

Alternativ kann das Sekundärteleskop oder die Herstellung einer neuen Verblendung nach Abformung im Praxis- oder Fremdlabor (indirektes Verfahren) erfolgen. In diesen Fällen sind die erforderlichen zahntechnischen Leistungen umsatzsteuerpflichtig, der Patient erhält einen anderen Festzuschuss.

GKV: Beispiele für die Zuordnung von Leistungen

Die Beispiele zeigen, welche Tätigkeiten der zahnärztlichen und/oder der zahntechnischen Abrechnung zugeordnet werden. Der Fokus liegt auf der Zuordnung, daher sind teils nur auszugsweise die Leistungsziffern abgebildet. Berechenbare Materialien sowie weitere Leistungen sind fallbezogen zu ergänzen.

 

Die in der Praxis bzw. im Praxislabor erbrachten zahntechnischen Leistungen unterliegen der Umsatzsteuer. Besteht eine Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG, werden die zahntechnischen Leistungen auf einem Praxis- bzw. Eigenlaborbeleg ohne Ausweis von Umsatzsteuer erfasst.

 

Therapie
BEMA-Nr.
BEL-Nr.

1

Ein Prothesenzahn hat sich gelöst. Dieser wird vom Zahnarzt (ZA) im direkten Verfahren – ohne Abformung – im Behandlungszimmer oder Praxislabor wiederbefestigt.

1 x 100a

Zahnarzt:

1 x 801 0

1 x 802 3

2

Eine UK-Totalprothese wird nach Abformung vom Zahnarzt im Praxis- oder im Fremdlabor indirekt vollständig unterfüttert, einschließlich funktioneller Randgestaltung.

1 x 100f

Zahnarzt:

2 x 001 0

1 x 011 2

1 x 809 0

Fremdlabor zusätzlich: 2 x 933 0

3

Der Zahnarzt modelliert im direkten Verfahren einen Stiftaufbau für einen Wurzelkanal. Dieser wird im Fremdlabor gegossen und anschließend im Wurzelkanal verankert.

1 x 18b

Fremdlabor:

1 x 104 0

2 x 933 0

4

Eine vestibuläre Kompositverblendung im Verblendbereich wird im direkten Verfahren instandgesetzt. Da die Maßnahme im Mund erfolgt, kann nur das Material und keine zahntechnische Ziffer berechnet werden.

1 x 24b

5

Die Verblendung aus Beispiel Nr. 4 wird nach Abnahme der Krone vom Zahntechniker im Praxislabor nach Abformung erneuert.

1 x 24b

1 x 24a

Praxislabor:

2 x 001 0

1 x 012 0

1 x 164 0

 

Die Reinigung von herausnehmbarem Zahnersatz ist in den Gebührenordnungen nicht enthalten. Hier gibt es in einigen Zahnärztekammern unterschiedliche Empfehlungen. Drei Varianten kommen vor: eine Berechnung nach § 6 (1) GOZ als Analogleistung, als Verlangensleistung nach § 2 (3) GOZ (umsatzsteuerpflichtig) oder als private zahntechnische Leistung (umsatzsteuerpflichtig). Eine 100-prozentige Abgrenzung ist nicht möglich; es gibt eine – wenn auch kleine – Grauzone.