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30.05.2017·Umweltzahnmedizin Dentalmetalle: In der Implantologie ein Problem? Experten wollen faktenbasierte Diskussion

·Umweltzahnmedizin

Dentalmetalle: In der Implantologie ein Problem? Experten wollen faktenbasierte Diskussion

von Wolfgang Schmid, Schriftleiter ZR ZahnmedizinReport, Berlin

| Auf einer wissenschaftlichen Pressekonferenz der DGZMK betonten alle Experten: Die Risiken von Metallen im Mund sind eher gering einzuschätzen. „Wir möchten daher ein Zeichen in Richtung eines faktenbasierten Umgangs mit diesem Thema setzen“, stellte DGZMK-Präsident Prof. Dr. Michael Walter (TU Dresden) klar: „Keramiken und Kunststoffe können Metalle heute bei vielen Therapien schon ersetzen, ganz verdrängen können sie diese aber noch nicht.“ |

Titanimplantate – weiterhin Goldstandard

Zahnärztliche Implantate stellen heutzutage eine wissenschaftlich anerkannte Therapiealternative zum Ersatz fehlender Zähne dar. Die Prognose – sog. Überlebensrate – für zahnärztliche Implantate ist nach adäquater Planung, Einbringung und Versorgung als sehr gut zu beziffern und beträgt nach fünf bis zehn Jahren – je nach Einsatzbereich – 95 bis 100 Prozent.

 

Zahnärztliche Implantate werden überwiegend aus Titan – einem leichten, aber sehr festen Metall – gefertigt. Insbesondere Reintitan wird vom Körper sehr gut akzeptiert und bildet an der Luft eine beständige Schutzschicht aus. Die Korrosionsbeständigkeit des Reintitans und von Titanlegierungen gilt allgemein als ausgezeichnet, führt Prof. Dr. Frank Schwarz (Uni Düsseldorf), Präsident der Deutschen Gesellschaft für Implantologie (DGI), aus: „Die weitgehend problemlose Verwendung von Titanimplantaten ist wissenschaftlich bestens belegt.“

 

PRAXISHINWEIS | Grundsätzlich ist der Begriff „Titanallergie“ in der Allergologen-Fachwelt noch nicht anerkannt. Es ist allerdings nachvollziehbar, dass sich das Immunsystem mit im Körper freigesetzten Titan auseinandersetzt. Dabei ist aber eher Toleranz oder Verträglichkeit erkennbar. 2017 startet eine multinationale Multicenterstudie zur Etablierung neuer Metall-Epikutantestpräparationen.

 

Titanimplantate bilden im Moment nach wie vor den Goldstandard und bleiben vorerst noch unverzichtbar. Neue Materialentwicklungen wie z. B. Keramikimplantate (Zirkoniumdioxid) können derzeit noch nicht für alle Einsatzbereiche empfohlen werden, warnt Schwarz. Auch Implantate aus Hochleistungskunststoffen (z. B. PEEK) sind zurzeit noch als experimentell einzustufen.

Prothetik: Einsatz von Metallen geht stark zurück

In der Prothetik ist der Einsatz von Metallen stark zurückgegangen. „Generell zeigt sich bei diesen Zahnersatzversorgungen, dass Verträglichkeitsprobleme eher selten auftauchen“, stellt Prof. Dr. Stefan Wolfart (Uni Aachen) fest: „Moderne Keramiken können vieles, aber nicht alles. Ganz ohne Metalle geht es vor allem bei großen Brücken, in der Implantatprothetik und bei herausnehmbaren Prothesen noch nicht.“

Wolfart betont, dass Kronen und kleinere Brücken aus Keramik allein hergestellt werden können. Bei größeren Brückenrekonstruktionen sollte hingegen auf Metallkeramik zurückgegriffen werden. Dies gilt besonders für den stärker kaubelasteten Seitenzahnbereich. Erste Studien zeigen, dass hier Restaurationen aus monolithischer Zirkonoxidkeramik aufgrund ihrer außergewöhnlichen Festigkeit eine Alternative darstellen können. Hierzu liegen gute Kurzzeitdaten vor.

 

Allerdings wird bei diesen monolithischen Brücken diskutiert, ob die besondere Härte dieses Materials eventuell zu verstärkten Abrasionen an den Antagonisten (Gegenzähne) führen könnte. Dies habe sich aber nicht bestätigt, so Wolfart.

Implantatprothetik: Noch geht es nicht ganz ohne Metall

Auf den Bereich der Implantatprothetik können diese Schlussfolgerungen bezüglich vollkeramischer Kronen und kleinerer Brücken mehr oder weniger übertragen werden. In vielen Fällen benötigt man jedoch zur Befestigung der Restaurationen auf den Implantaten ein metallisches Abutment. In Form des Hybridabutments weist dieses neben einem Zirkonoxidanteil eine Titanhülse auf. Im Seitenzahnbereich werden hier häufig auch komplett aus Titan gefertigte Abutments verwendet.

 

Bei sehr großen festsitzenden Implantatrekonstruktionen – z. B. bei der Versorgung des zahnlosen Kiefers – liegt keine ausreichende Datenlage für rein vollkeramische Restaurationen vor. Hier wird aufgrund der besonderen Größe dieser Rekonstruktionen in der Regel immer auf eine Metallbasis zurückgegriffen und diese anschließend mit Keramiken oder Kunststoffen verblendet.

 

Aufgrund der Fortschritte im Bereich der Passgenauigkeit von CAD/CAM-gefertigten Restaurationen werden diese großen Gerüste heutzutage aus NEM-Legierungen (CoCr-Legierungen) gefräst. Damit erzielt man auch mit Nichtedelmetall-Legierungen eine sehr gute Passung der Restaurationen, was zu Zeiten der Gusstechnik den hochgoldhaltigen Legierungen vorbehalten war.

 

FAZIT | Der Einsatz von Metallen bei Zahnersatz ist stark zurückgegangen. Ganz ohne Metalle geht es aber vor allem in der Implantatprothetik und der herausnehmbaren Prothetik noch nicht.

 

QUELLE

  • Fachpressekonferenz der DGZMK, Berlin, 11.05.2017.