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02.11.2016·Wirtschaftliche Aufklärung, Teil 1 Ein Patient ist verärgert – wie kann man reagieren?

·Wirtschaftliche Aufklärung, Teil 1

Ein Patient ist verärgert – wie kann man reagieren?

| Der Umgang mit Kassenpatienten ist sensibel, wenn es um Selbstzahlerkosten bei der Implantologie geht. Die Beschwerde eines Patienten regt zum Nachdenken an. PI stellt in diesem Beitrag Behandlungsunterlagen und Kostenbeispiele vor, um der wirtschaftlichen Aufklärung besser gerecht zu werden. Versetzen Sie sich in die Lage des Patienten! |

Patient: Warum wurde ich nicht über die Kosten aufgeklärt?

Folgender Brief wurde von einem Kassenpatienten verfasst:

 

  • Aus dem Schreiben eines Patienten an die Praxis

„Ich habe 2007 im Unterkiefer zwei Implantate (Zahn 36, 37) bekommen, um einen Lückenschluss zu gewährleisten. Der Zahn 33 wurde überkront. Ich gehe regelmäßig zur Vorsorge. Mein Zahnarzt berechnet mir die Nachkontrolle und auch eine Panoramaschichtaufnahme, die angeblich wieder nötig war, weil die letzte Aufnahme von 2008 ist. Ich habe keine Beschwerden gehabt. Er hat mir auch nicht gesagt, dass ich die Aufnahme bezahlen muss. Ich kann nicht beurteilen, ob es tatsächlich nötig ist, ohne Beschwerden eine Aufnahme zu machen. Ist es rechtens, diese Leistungen privat zu berechnen? Ich habe mich bei meiner Krankenkasse erkundigt und da wurde mir gesagt, dass viele Zahnärzte die GOZ-Nr. 3290 nicht berechnen und es im Ermessen des Zahnarztes liegt. Ich gehe ja zur Vorsorge und da wird doch der ganze Kiefer angeguckt. Warum muss ich dann das extra zahlen?“

 

 

Die Aussage der Patientin stimmt nachdenklich. Wo liegt das Versäumnis? In der Regel werden Patienten im Rahmen der Implantologie aufgeklärt, dass der chirurgische Part und die Prophylaxe keine Leistungen der GKV darstellen und privat zu leisten sind. Doch wie steht es um die Aufklärung bei Routineuntersuchungen, Wiederherstellungen mit geringem oder ohne Festzuschuss, Schraubfrakturen, Periimplantitis und Explantationen?

 

Zähne und Implantate müssen durch eine gute häusliche Mundpflege und professionelle Individualprophylaxe geschützt werden. Der GKV-Leistungskatalog sieht die Übernahme der Kosten bei Erwachsenen für Prophylaxe an Zähnen und Implantaten nicht vor. Um den Kassenpatienten als Selbstzahler aufzuklären, muss neben der Aufklärung medizinisch notwendiger Leistungen nach Eingliederung der Suprakonstruktion auch eine Kostenaufklärung erfolgen.

Tipp: Checkliste mit Kostenbeispielen erstellen

Eine praxisinterne Checkliste kann helfen, derartige Selbstzahlerleistungen zu erfassen und patientenbezogen in die Aufklärung einzubeziehen. Leider vergessen Patienten im Laufe der Zeit, welche Maßnahmen privat zu bezahlen sind, wenn lediglich eine verbale Aufklärung erfolgte. Es handelt sich also nicht in jedem Fall um ein Versäumnis der Praxis. Um Ärger zu vermeiden, können die folgenden Maßnahmen getroffen werden: 1. Dokumentieren Sie in der Patientenkartei, über welche Privatleistungen und -kosten der Patient aufgeklärt wurde. 2. Listen Sie in einer Patienteninformation mögliche Honorarziffern zum Ankreuzen auf. 3. Erstellen Sie eine Patienteninformation und einen privaten Heil- und Kostenplan über die erforderlichen Selbstzahlerleistungen.

Tabelle: Maßnahmen bei einer Implantat-Prophylaxe

In der Tabelle sind schwerpunktmäßig Gebührenziffern bzw. Maßnahmen aufgeführt, die bei einer Implantat-Prophylaxe erforderlich sein können. Je nach Befund und Diagnose müssen die Leistungen ergänzt und im Gebührensatz adaptiert werden. Berechenbare Materialkosten sind nicht enthalten.

 

Nr.
Kurztext
Faktor
Eurobetrag

Ä1

Beratung

2,3

10,72

Ä5

Symptombezogene Untersuchung

2,3

10,72

Ä5000

Röntgenaufnahme

1,8

5,25

Ä5004

OPG

1,8

41,96

0030

Heil- und Kostenplan

2,3

25,87

0080

Oberflächenanästhesie

2,3

3,88

0090

Infiltrationsanästhesie

2,3

7,76

0100

Leitungsanästhesie

2,3

9,05

1000

Mundhygienestatus

2,3

25,87

1010

Kontrolle Mundhygiene

2,3

12,94

1040

PZR, je Zahn/Brückenglied/Implantat

2,3

3,62

4050

Zst einwurzeliger Zahn/Brückenglied/Implantat

2,3

1,29

4055

Zst mehrwurzeliger Zahn

2,3

1,68

3070

Exzision

2,3

5,82

3080

Exzision einer Schleimhautwucherung, umfangreich

2,3

19,40

 

 

Eine Vielzahl moderner selbstständiger Therapien ist nicht in der GOZ enthalten. Sie werden daher nach den Vorgaben von § 6 Abs. 1 GOZ berechnet, z. B.:

 

Nr.
Kurztext
Faktor
Eurobetrag

Fotografie* (oder nach § 9 GOZ)

Zungenreinigung*

 

* Die Analogleistung muss individuell ausgewählt werden.

 

Behandlungsunterlagen – was ist eine Privatvereinbarung?

Für die Aufklärung der Kosten muss definiert sein, wie oft welche Maßnahmen bei dem jeweiligen Patienten erforderlich sind. Eine Röntgenkontrolle der Implantate wird nicht jedes Jahr erfolgen. Im Rahmen von implantologischen Leistungen bei Kassenpatienten empfehlen Juristen, dass vor Behandlungsbeginn eine private Vereinbarung ausgestellt und vom Patienten – bzw. dem gesetzlichen Vertreter – unterzeichnet wird. Dabei handelt es sich um eine Vereinbarung nach § 4 Abs. 5d BMV-Z und § 7 Abs. 7 EKVZ. Sowohl der Zahnarzt als auch der Patient unterschreiben diese Vereinbarung vor Behandlungsbeginn. Sie gilt für alle Fachbereiche und hat z. B. folgenden Inhalt:

 

  • Vereinbarung einer privatzahnärztlichen Behandlung außerhalb der vertraglichen Regelungen der GKV gemäß § 4 Abs. 5d BMV-Z bzw. gemäß § 7 Abs. 7 EKVZ

Die unterzeichnenden Vertragspartner vereinbaren eine privatzahnärztliche Behandlung auf der Grundlage des beigefügten Heil- und Kostenplans Nr. ____ vom _________

Erklärung des Versicherten: Mir ist bekannt, dass ich als gesetzlich versicherter Patient das Recht habe, unter Vorlage einer gültigen elektronischen Gesundheitskarte (eGK) nach den Bedingungen der gesetzlichen Krankenversicherung behandelt zu werden und Anspruch auf eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Behandlung habe. Ich wünsche ausdrücklich, auf der Grundlage des oben genannten Heil- und Kostenplans privat behandelt zu werden. Ich weiß, dass die Kosten dieser Behandlung gemäß der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) und Ärzte (GOÄ) berechnet werden, und verpflichte mich, die anfallenden Kosten selbst zu tragen. Mir ist bekannt, dass eine Erstattung oder Bezuschussung dieser Behandlungskosten durch meine Krankenkasse nicht gewährleistet ist.

 

Die GOZ-Nr. 3290 gilt für die chirurgische Phase, danach ist eine Untersuchung nach GOÄ-Nr. 5 korrekt. Ob für die Planung der privaten Therapie die GOZ-Nr. 0030 berechnet werden soll, entscheidet der Zahnarzt. Eine Vereinbarung der Gebührenhöhe nach § 2 Abs. 1 und 2 GOZ ist schriftlich vor Behandlungsbeginn z. B. bei aufwendigen Explantationen – beispielsweise Blatt-Implantat – mit dem Patienten zu vereinbaren und von beiden Parteien zu unterzeichnen.

Implantat-Kontrolluntersuchung bei Kassenpatienten

Wie hoch sind die Kosten im Rahmen der Routinekontrolle und für prophylaktische Leistungen? Bei folgenden Beispielen liegt dieser Befund zugrunde: 2 Implantate mit Krone, 18 einwurzelige und 8 mehrwurzelige Zähne. Eine Zahnsteinentfernung wurde im Kalenderjahr bereits über die GKV erbracht. Der Patient wird im Vorfeld über die Kosten aufgeklärt und leistet mit dem Zahnarzt auf den Behandlungsformularen die notwendigen Unterschriften.

 

  • Beispiel 1: Routinekontrolle (Zahnarzt) ohne weitere Maßnahmen
Anzahl
Nr.
Faktor
Gesamtbetrag in Euro

1

Ä1

2,3

10,72

1

Ä5

2,3

10,72

Gesamt

21,44

 

  • Beispiel 2: Routinekontrolle (Zahnarzt), zwei Röntgenaufnahmen
Anzahl
Nr.
Faktor
Gesamtbetrag in Euro

1

Ä1

2,3

10,72

1

Ä5

2,3

10,72

2

Ä5000

1,8

10,50

Gesamt

31,94

 

  • Beispiel 3: Routinekontrolle (Zahnarzt), OPG
Anzahl
Nr.
Faktor
Gesamtbetrag in Euro

1

Ä1

2,3

10,72

1

Ä5

2,3

10,72

1

Ä5004

1,8

41,96

Gesamt

63,40

 

Prophylaktische Maßnahmen

Neben der Routineuntersuchung und Beratung durch den Zahnarzt können im Bereich der Prophylaxe unterschiedliche Maßnahmen erforderlich werden. Die Behandlungsvarianten zum oben genannten Befund führen zu sehr unterschiedlichen Gesamtkosten:

 

  • Beispiel 4: Mundhygienekontrolle (MH), Zahnsteinentfernung (ZST)
Anzahl
Nr.
Faktor
Gesamtbetrag in Euro

20

4050

2,3

25,80

8

4055

2,3

13,44

1

1010

2,3

12,94

Gesamt

52,18

 

  • Beispiel 5: MH, PZR, Zungenreinigung
Anzahl
Nr.
Faktor
Gesamtbetrag in Euro

1

1010

2,3

12,94

28

1040

2,3

101,36

1

Zungenreinigung* § 6 Abs. 1 GOZ

ca. 15,00

Gesamt

129,30

 

  • Beispiel 6: MH-Status und Kontrolle, ZST, MH, PZR, Zungenreinigung
Anzahl
Nr.
Faktor
Gesamtbetrag in Euro

1. Sitzung

1

1000

2,3

25,87

20

4050

2,3

25,80

8

4055

2,3

13,44

2. Sitzung

1

1010

2,3

12,94

28

1040

2,3

101,36

Zungenreinigung* § 6 Abs. 1 GOZ

ca. 15,00

Gesamt

194,41

 

* Die Analogleistung muss individuell ausgewählt werden.

Eigene praxisinterne Kostenübersicht erstellen

Diese Beispiele lassen sich beliebig auch für Zahnersatz und mit einer unterschiedlichen Anzahl an Zähnen bzw. Implantaten fortsetzen. Unser Tipp: Nutzen Sie diese Beispiele als Starthilfe, um Ihre eigene praxisinterne Kostenübersicht zu erstellen.

 

Weiterführender Hinweis

  • Der Beitrag wird fortgesetzt. In der nächsten Ausgabe werden Kostenbeispiele für Wiederherstellungen von Zahnersatz, bei Schraubfrakturen, für Periimplantitis-Therapien und Explantationen vorgestellt.