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04.08.2015·Recht Die „Compliance-Leitlinie“ wurde erweitert: So vermeiden Sie Korruptionsvorwürfe!

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Die „Compliance-Leitlinie“ wurde erweitert: So vermeiden Sie Korruptionsvorwürfe!

| Viele Gesetze sind von Zahnärzten zu beachten. Dies hat die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) veranlasst, mehr Transparenz und Sicherheit im Umgang mit den Verpflichtungen des Berufsstandes mittels einer Compliance-Leitlinie zu gewährleisten. Die erste Fassung wurde nun aktualisiert und um Fallbeispiele erweitert. Jedem Zahnarzt sollen vor dem Hintergrund des demnächst voraussichtlich einzuführenden Straftatbestandes der Korruption im Gesundheitswesen seine vertragszahnärztlichen Verpflichtungen in übersichtlicher Form zur Verfügung stehen, damit er sein Verhalten danach ausrichten kann. |

 

 

Die Hinweise in der Leitlinie beziehen sich auf die allgemeine Organisationsstruktur in der zahnärztlichen Praxis, insbesondere auf den Bezug von Waren oder Dienstleistungen von Dritten. Ergänzend werden die relevanten vertragszahnärztlichen Pflichten zusammengestellt und anhand typischer Fallgruppenkonkretisiert. Die Leitlinie soll juristische Risiken verringern bzw. vermeiden.

 

Ergänzend zur Leitlinie hat die KZBV eine Compliance-Kommission sowie einen Compliance-Beauftragten eingesetzt. Die Kommission soll aktuelle rechtliche Entwicklungen beobachten und gegebenenfalls an einer stetigen Fortentwicklung der Compliance-Leitlinie arbeiten. Jeder Zahnarzt muss beim Ausüben seines Berufs in besonderer Weise dem Vertrauen gerecht werden, das ihm als Angehörigem der Heilberufe entgegengebracht wird. Hierzu gehört die Verpflichtung, bei der Behandlung stets im Interesse und zum Wohl des Patienten tätig zu werden und zahnärztliche Entscheidungen aus medizinischen und nicht aus wirtschaftlichen Überlegungen zu treffen.

Beispiele

Der Verstoß gegen vertragszahnärztliche Pflichten kann zivil-, disziplinar-, zulassungs- und strafrechtliche Konsequenzen zur Folge haben. Beispiele:

 

  • Bezug von Leistungen Dritter

Soweit im Rahmen einer zahnärztlichen Behandlung für den Patienten Waren oder Dienstleistungen von Dritten bezogen werden und die Kosten dafür als Aufwendungsersatz gegenüber den Patienten oder Dritten – zum Beispiel Kostenträgern – geltend gemacht werden (zum Beispiel Sprechstundenbedarf, zahntechnische Leistungen), können hierfür jeweils nur die dem Vertragszahnarzt tatsächlich entstandenen Kosten in Ansatz gebracht werden. Im Zusammenhang mit dem jeweiligen Waren- bzw. Leistungsbezug erfolgende Rückvergütungen – sogenannte „Kick-backs“ – sind daher grundsätzlich an den Patienten bzw. Dritten (zum Beispiel Kostenträger) weiterzugeben. Übliche Skonti dürfen hingegen beim Vertragszahnarzt verbleiben. Im Zusammenhang mit zahntechnischen Leistungen ist dabei nach Maßgabe der diesbezüglichen Bestimmungen in der GOZ bzw. den Gesamtverträgen der KZVen der Tagespreis der verwendeten Legierungen anzusetzen.

 

  • Erbringung zahntechnischer Leistungen durch Zahnärzte

Gemäß den Einleitenden Bestimmungen des BEL-II dürfen Fremdleistungen nicht als Eigenleistungen ausgewiesen werden; werden Fremdleistungen – auch Teilleistungen – abgerechnet, so ist eine Durchschrift der Rechnung des herstellenden zahntechnischen Labors den Abrechnungen beizufügen. Gemäß § 16 Abs. 2 EKV-Z und gleichlautender gesamtvertraglicher Bestimmungen im Primärkassen-Bereich bestätigt der Vertragszahnarzt mit der Abrechnung der BEMA-Teile 1 bis 5 unter anderem, dass die zahntechnischen Leistungen des Zahnarztlabors (Praxislabors) tatsächlich von diesem erbracht worden sind.

 

Erweiterte Compliance-Leitlinie

Die Leitlinie wurde um unzulässige bzw. zulässige Handlungen ergänzt:

 

  • Beispiele

Unzulässig 

Es wird eine Geldprämie zwischen einem Vertragszahnarzt und einem MKG-Chirurgen für die Überweisung von Patienten durch den Vertragszahnarzt an den MKG-Chirurgen vereinbart.

 

Unzulässig 

Zwischen einem Vertragszahnarzt und einem Oralchirurgen wird abgesprochen, dass der Vertragszahnarzt für den Fall der Überweisung von Patienten an den Oralchirurgen das Ferienhaus des Oralchirurgen auf Mallorca kostenlos nutzen darf.

 

Unzulässig 

Ein angestellter Zahnarzt wird beschäftigt, bevor die erforderliche Genehmigung vorliegt.

 

Unzulässig 

Ein tatsächlich nicht tätig werdender Angestellter wird zum Schein beschäftigt, um Degressionsgrenzen nach § 85 Abs. 4b SGB V zu erhöhen und gegebenenfalls Vorteile hinsichtlich des Honorarverteilungsmaßstabs (HVM) zu erzielen.

 

Unzulässig 

Ein – vermeintlicher – Partner einer genehmigten Berufsausübungsgemeinschaft ist tatsächlich ein „verdeckter“ Angestellter (A), da er gemäß Gesellschaftervertrag kein wirtschaftliches Risiko trägt bzw. nicht am wirtschaftlichen Erfolg oder Misserfolg der Praxis und nicht an deren Wert beteiligt ist. Er ist somit nicht „in freier Praxis “ (§ 32 Abs. 1 ZV-Z) tätig. Weil die zulassungsrechtlichen Voraussetzungen nicht vorliegen, kann eine sachlich-rechnerische Berichtigung der von A erbrachten Leistungen erfolgen (Bundessozialgericht, Urteil vom 23. Juni 2010, Az. B 6 KA 7/09 R; vergleiche auch Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 13. Dezember 2014, Az. L 4 R 1333/13).

 

Unzulässig 

Nicht oder nicht vollständig erbrachte Leistungspositionen werden abgerechnet.

Unzulässig 

Nicht persönlich erbrachte Leistungen werden außerhalb zulässiger Vertretungen und Anstellungen abgerechnet (zum Beispiel unzulässigerweise an nicht approbiertes Assistenzpersonal delegierte Leistungen).

 

Unzulässig 

Fremdleistungen werden als eigene Leistungen abgerechnet.

 

Unzulässig 

Ein Vertragszahnarzt unterhält eine Geschäftsbeziehung mit einem inländischen Dentallabor, das im Ausland Zahnersatz fertigen lässt. Dieser wird dem Zahnarzt zu BEL-II-Preisen in Rechnung gestellt und von ihm in gleicher Weise abgerechnet. Vereinbarungsgemäß erhält der Zahnarzt regelmäßig vom Dentallabor einen bestimmten Geldbetrag für den bezogenen Zahnersatz „zurückerstattet“, den er als „sonstige Erlöse“ verbucht und nicht an den Patienten weitergibt.

 

Unzulässig 

Ein niedergelassener Zahnarzt erhält für den Bezug von zehn Implantaten zum Preis von jeweils 600 Euro zwei weitere Implantate kostenlos als „Draufgabe“, was auf zwölf Implantate gerechnet einem Preisnachlass von jeweils 100 Euro entspricht. Im Rahmen der Abrechnung werden von ihm alle zwölf verwendeten Implantate jeweils mit dem „regulären Einkaufspreis“ von 600 Euro veranschlagt.

 

Unzulässig 

Für den Bezug von 50 Implantaten zum Preis von jeweils 600 Euro wird dem Zahnarzt vom Hersteller die Möglichkeit eingeräumt, einen Intraoralscanner statt zum regulären Preis von 25.000 Euro mit einem Rabatt von 20 Prozent für lediglich 20.000 Euro zu beziehen, was der Zahnarzt daraufhin in Anspruch nimmt. Im Rahmen der Abrechnung veranschlagt der Zahnarzt die Implantate jeweils mit dem „regulären Einkaufspreis“ von 600 Euro.

 

Zulässig hingegen

Der 20-Prozent-Rabatt auf den Intraoralscanner im vorhergehenden Beispiel wird losgelöst vom Implantatbezug im Rahmen einer „Sonderangebots-Woche“ für alle Kunden zur Markteinführung des Geräts gewährt.

 

Unzulässig 

Die Vertragszahnärzte A, B, C und D gründen die „Z-Laborgemeinschaft“, bei der neben ihnen auch Dritte zahntechnische Leistungen durchführen lassen können (= gewerblicher Charakter). Der erwirtschaftete Einnahmenüberschuss wird zur Hälfte nach dem Eigenmittelaufwand von A, B, C und D verteilt, zur anderen Hälfte nach dem Verhältnis des von A, B, C und D jeweils durch ihre eigenen Aufträge veranlassten Umsatz (= umsatzbezogene Gewinnbeteiligung). Diese wirtschaftlichen Vorteile hinsichtlich ihrer in dem Labor gefertigten zahntechnischen Leistungen werden bezüglich deren Abrechnung nicht ausgekehrt und können daher unzulässige Rückvergütungen darstellen.

 

Unzulässig 

Ein Zahnarzt bezieht von einem ausländischen Dentallabor teilfertigen Zahnersatz zu besonders günstigen Preisen, stellt diesen in seinem Praxislabor fertig und rechnet den fertigen Zahnersatz zu BEL-II- Preisen ab, ohne dabei die Fremdlaborkosten gesondert als solche auszuweisen.

 

Unzulässig 

Die Teilnahme an einer Fortbildungsveranstaltung wird unter Verwendung fingierter Nachweise zur Vermeidung entsprechender Honorarkürzungen nach § 95d Abs. 3 SGB V vorgetäuscht.

 

Weiterführende Hinweise

  • Die Neufassung der Compliance-Leitlinie können Sie auf der PI-Website im Download-Bereich unter der Rubrik „Recht“ aufrufen.
  • Beachten Sie zu dieser Thematik auch folgende Beiträge: „Die Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen: Neue Strafbarkeit nach § 299a StGB“ in PI 07/2015, Seite 4; „Anti-Korruptionsgesetz in Planung: Was kommt?“ in PI 06/2014, Seite 1.