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04.11.2010 |Recht Kostenerstattung bei Implantatversorgung: Unterschied zwischen Beihilfe und PKV?

04.11.2010 |Recht

Kostenerstattung bei Implantatversorgung: Unterschied zwischen Beihilfe und PKV?

von RA, FA Medizinrecht Norman Langhoff, RöverBrönner, Berlin

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat am 12. Februar 2010 (Az: 26 K 3534/09; Abruf-Nr. 103156) für den Geltungsbereich der Beihilfeverordnung NRW entschieden, dass ein Erstattungsanspruch für eine Implantatversorgung auch jenseits von in der Beihilfeverordnung genannten Indikationen bestehen kann (siehe „Praxis Implantologie“ – PI – Nr. 5/Oktober 2010, S. 1), nämlich in folgenden Fällen: 

 

  • keine Alternative zur Implantatversorgung;
  • implantatlose Versorgung im Einzelfall teurer;
  • Verweis auf implantatlose Versorgung unverhältnismäßig (insbesondere Implantatversorgung bei Einzelzahnlücken).

 

Hier stellt sich in der Praxis die Frage: Sind die Erwägungen im Urteil auch auf eine Auseinandersetzung mit der PKV übertragbar?  

Wie ist die Beihilfe in der Krankenversicherung einzuordnen?

Beihilfeberechtigt sind Beamte und gegebenenfalls Angestellte im öffentlichen Dienst. Die Beihilfe ist eine Leistung des Dienstherrn zu bestimmten Aufwendungen des Beihilfeberechtigten, die dieser für Krankheits-, Pflege- und Geburtskosten aufwendet. Sie ergänzt die Eigenvorsorge, die aus den laufenden Bezügen bzw. dem Gehalt zu bestreiten ist. Beim Beamtenrecht ist die Beihilfe ihrem Wesen nach eine die Alimentation des Beamten ergänzende Hilfeleistung. Die Beihilfe steht also neben den Systemen von GKV und PKV.  

Keine direkte Übertragbarkeit von Beihilferecht auf die PKV

Da nach den Beihilfeverordnungen nur ein Anteil aus den aufgewendeten Behandlungskosten erstattet wird, muss die Differenz aus eigenen Mitteln getragen werden. Weil aber die Möglichkeit der freiwilligen Mitgliedschaft in der GKV für Beihilfeberechtigte wenig attraktiv ist, wird regelmäßig bei einer PKV eine „Restversicherung“ abgeschlossen. Diese Beihilfetarife richten sich nach den privatversicherungsrechtlichen Vorgaben. Verwaltungsgerichtliche Urteile zum Beihilferecht können daher nicht direkt auf das Rechtsverhältnis mit der PKV übertragen werden. 

 

Das schließt aber nicht aus, dass nach beiden Erstattungssystemen vergleichbare Ergebnisse erzielt und ähnliche Erwägungen angestellt werden können, was für die vorstehenden drei Fälle dargestellt werden soll. Vorab ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Beihilfetarife der PKV durchaus unterschiedlich ausgestaltet sein können. 

Alternativlosigkeit der Implantatversorgung

Die Erstattungspflicht der PKV ist an die „medizinische Notwendigkeit“ der Heilbehandlung geknüpft. Wegen der Besonderheiten der Medizin und dem Fortschreiten ihrer Erkenntnisse einerseits und der Unsicherheiten bei der Diagnostik andererseits sind in der Regel mehrere Behandlungsmethoden medizinisch vertretbar. Voraussetzung ist aber, dass es nach objektiven medizinischen Befunden und Erkenntnissen zum Zeitpunkt der ärztlichen Behandlung vertretbar war, sie als notwendig anzusehen (ständige Rechtsprechung). Kommt daher nur eine Behandlungsvariante in Betracht, ist diese auch medizinisch notwendig, so dass eine Erstattungspflicht besteht. 

Implantatlose Versorgung teurer als Implantatversorgung

Dem Urteil des VG Düsseldorf kann entnommen werden, dass beihilferechtlich eine Erstattungskürzung in Betracht kommt, wenn eine Implantatversorgung erfolgte, sich eine konventionelle implantatlose Versorgung jedoch als gleich zweckmäßig und ausreichend darstellt. Eine Kürzung scheide jedoch aus, wenn die Implantatversorgung ohnehin kostengünstiger ist.  

 

Der private Krankenversicherer hat mit „medizinisch notwendiger Heilbehandlung” keine Beschränkung seiner Leistungspflicht auf die kostengünstigste Behandlung erklärt (Bundesgerichtshof, Urteil vom 12. März 2003 – Az: IV ZR 278/01). Die teurere Versorgungsvariante ist daher bei objektiver Vertretbarkeit genauso „notwendig“ wie die günstigere. Hier geht die Erstattungspflicht der PKV im Grundsatz weiter als die der Beihilfe. Sofern im Einzelfall die Implantatversorgung sogar günstiger als die implantatlose Variante sein sollte, werden versichererseits vermutlich auch keine Einwände erhoben. 

Verweis auf kostengünstigere Versorgung ohne Implantate unverhältnismäßig

Die medizinische Notwendigkeit ist nicht an eine Betrachtung unter Kostengesichtspunkten gebunden. Argumentativ können im Bereich der PKV die Indikationsklassen der „Konsensuskonferenz Implantologie“ herangezogen werden. Daraus ergibt sich, dass bei Einzelzahnlücken die Indikation für ein Implantat besteht. Teilweise wird darüber hinaus die fehlende Behandlungsbedürftigkeit der Nachbarzähne vorausgesetzt. Indirekt wird damit die Erwägung im beihilferechtlichen Kontext bestätigt, dass ein Eingriff in gesunde Zahnsubstanz aus Verhältnismäßigkeitsgründen nicht verlangt werden kann. 

 

Allerdings kann im privatversicherungsrechtlichen Kontext im Einzelfall – sofern die Behandlung nicht nur mit höheren, sondern mit ganz unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist (besonders kostenträchtige Behandlung bei nicht vital lebensnotwendiger Behandlung) – eine Kürzung aus Treu und Glauben in Betracht kommen.