31.01.2012·Recht Zahnärztliche Preisgestaltung: Welche rechtlichen Grenzen sind zu beachten?
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Zahnärztliche Preisgestaltung: Welche rechtlichen Grenzen sind zu beachten?
von Norman Langhoff, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht, Berlin, www.rbs-partner.de
| Möglichkeiten der Preisgestaltung sind zum Beispiel die Gewährung von Boni oder sonstigen Preisnachlässen, das Angebot von Pauschalpreisen, Gutscheine oder die Vereinbarung eines besonders niedrigen Gebührenansatzes. Wie alle anderen Marktteilnehmer unterliegt aber auch der Zahnarzt den wettbewerbsrechtlichen Rahmenbedingungen und Beschränkungen. Gerade bei (zahn)ärztlicher Preisgestaltung muss besonderen rechtlichen Anforderungen Rechnung getragen werden. Der folgende Beitrag soll hierzu einen Überblick anhand jüngerer Rechtsprechung bieten. |
Der rechtliche Kontext
Die Grenzen zulässigen Marktverhaltens sind im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) normiert. Besondere Relevanz haben dabei Zuwiderhandlungen gegen Vorschriften, die zur Regelung der Interessen der Marktteilnehmer bestimmt sind. Für Zahnärzte besonders relevante Schutzgesetze im Sinne des UWG sind die GOZ, die Berufsordnungen der Zahnärztekammern und das Heilmittelwerbegesetz (HWG).
Pauschalpreise sind unzulässig
Im vom Landgericht Bonn am 21. April 2011 entschiedenen Sachverhalt (Az: 14 O 184/10; Abruf-Nr. 113383) bot eine Praxis in Anzeigen Implantate zu einem Pauschalpreis von 888 Euro an. Das Gericht bejahte einen Verstoß gegen die Preisvorschrift des § 5 Abs. 2 GOZ (Gebührenbestimmung innerhalb des Gebührenrahmens nach billigem Ermessen unter Beachtung des Aufwandes, der Schwierigkeit und der Ausführungsumstände). Die Vorschrift ziele im Interesse eines funktionierenden Gesundheitssystems auf die Verhinderung eines ruinösen Preiswettbewerbs. Die Vereinbarung eines Pauschalhonorars genüge nicht den Anforderungen an eine Honorarvereinbarung nach § 2 Abs. 2 GOZ – insbesondere weil keine steigerungssatzabhängige Bestimmung erfolge.
Gebührenunterschreitung nur in Ausnahmefällen
Die Zulässigkeit der Vereinbarung einer die Mindestgebührensätze unterschreitenden Vergütung wird in der Rechtsprechung mit unterschiedlicher Gewichtung abgelehnt. Nach Auffassung des Berliner Kammergerichts erlaubt § 2 Abs. 1 GOZ ausnahmsweise die Vereinbarung einer die Mindestgebührensätze unterschreitenden Vergütung (Beschluss vom 31. August 2007, Az: 5 W 253/07; Abruf-Nr. 073293). Ein solcher Ausnahmefall liege zum Beispiel vor, wenn im Rahmen eines – generell kostenpflichtigen – Kinderprophylaxe-Programms kostenlose Fissurenversiegelungen der Prämolaren angeboten werden.
In seine Abwägung bezog das Gericht insbesondere ein, dass es um ein geringes preisliches Volumen ging, dass es sich um eine zeitlich begrenzte Aktion handelte (vier Monate), dass es sich um Privatleistungen handelte und dass die Aktion in Absprache mit einer gesetzlichen Krankenkasse erfolgte.
Das Landgericht Flensburg erkannte wie das Kammergericht die Möglichkeit von Ausnahmefällen an, verneinte einen solchen aber in einer Konstellation, in der nach einem Praxisumzug bei Vorlage einer „Treuekarte“ ein Bonus in Form einer einmaligen professionellen Zahnreinigung für 0,99 Euro gewährt wurde (Beschluss vom 4. März 2009, Az: 6 O 30/09; Abruf-Nr. 112409). Tragende Erwägung war dabei, dass die Maßnahme auf Patientenbindung durch ein Leistungsangebot zu einem lediglich symbolischen Preis („nahezu kostenfrei“) abziele und keiner zeitlichen und gegenständlichen Begrenzung unterliege.
Nachlässe können Vertrauen der Patienten beeinträchtigen
Die Werbung eines Zahnarztes mit einem Gutschein „10 Euro auf den Eigenanteil von Behandlungskosten“ ist berufswidrig und stellt zudem einen Verstoß gegen vertragszahnärztliche Vorschriften dar (Ärztegerichtshof des Saarlandes, Urteil vom 1. September 2010, Az: ÄGH 2/09); Abruf-Nr. 120299. Die Maßnahme stelle sich als gemäß den Vorgaben der einschlägigen Berufsordnung unzulässige Werbung dar, weil sie gegen die vertragszahnärztliche Pflicht nach § 28 SGB V zur Erhebung der Praxisgebühr verstoße. Nur so könne nämlich nach Auffassung des Gerichts der Gutschein interpretiert werden. Darüber hinaus sei ein solcher Nachlass geeignet, das Vertrauen in ein ausschließlich an medizinischen Gesichtspunkten orientiertes ärztliches Verhalten zu beeinträchtigen.
Zusammenfassung: Was geht, was geht nicht, was droht?
Zusammenfassend ist somit feszuhalten: Pauschalpreise und Nachlässe, die faktisch die Umgehung der Praxisgebühr bewirken, dürfen nicht vereinbart werden. Gebührenunterschreitungen sind nur im Ausnahmefall zulässig. Konkret gilt: Je höher und zeitlich und gegenständlich unbeschränkter die Unterschreitung, desto eher droht die Unzulässigkeit. Insbesondere eine nahezu kostenfreie Behandlung ist nicht erlaubt.
Die Vermeidung von Verstößen gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften sollte vor allem wegen der drohenden finanziellen Konsequenzen ernst genommen werden. Beispielsweise können Kosten durch Abmahnungen von Mitbewerbern entstehen. Diese können darüber hinaus – allerdings unter der Prämisse der prozessualen Beweisbarkeit – auch Schadenersatz- und Gewinnabschöpfungs-Ansprüche geltend machen.
Konsequenz ist dann, dass nicht nur Gewinneinbußen des Konkurrenten kompensiert werden müssen, es müssen auch sämtliche aus der Maßnahme erzielten eigenen Gewinne herausgegeben werden. Darüber hinaus sind Berufsrechtsverstöße im Rahmen der Disziplinargewalt der Zahnärztekammern sanktionierbar (zum Beispiel Verwarnung, Geldbußen, zeitlich befristeter Verlust des Wahlrechts in Kammer-Angelegenheiten).