21.12.2015·Serviceleistungen Kostenfreier Fahrdienst für Patienten – ist das erlaubt?
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Kostenfreier Fahrdienst für Patienten – ist das erlaubt?
| In den letzten Jahren gibt es immer mehr Praxen, die auf ihrer Website einen kostenfreien Fahrservice für Patienten anbieten. Dabei wird der Service nicht nur in ländlichen Regionen, sondern auch in Städten angeboten. Wer immobil ist, kann sein Ziel mit den regionalen Verkehrsmitteln kaum bis überhaupt nicht erreichen. Selbst ein Taxi stellt nicht das Mittel der Wahl dar, weil immobile Patienten bereits ab der Wohnungstür auf Hilfe angewiesen sind. Die Frage ist: Kann man Patienten einen kostenfreien Fahrdienst anbieten, ohne juristische Auseinandersetzungen zu befürchten? |
Wie läuft der Fahrdienst ab und wem wird er angeboten?
Der Fahrdienst wird in der Regel mit einem Patientenmobil durchgeführt, das optisch auf die Praxis und den Sonderservice hinweist und speziell für den Transport immobiler Patienten technisch ausgerüstet ist (einfacher hoher Einstieg, Haltegriffe in relevanten Bereichen, ausreichend Kofferraum für Rollstuhl oder Rollator). Die Patienten werden nach Terminvereinbarung abgeholt und wieder nach Hause gebracht.
Dieser Shuttleservice ist dabei in erster Linie für ältere und gehbehinderte Patienten gedacht, wird jedoch auch im Rahmen von Zahnersatz-Reparaturen, Implantationen und operativen Maßnahmen – vor allem nach Narkosen – eingesetzt, wenn keine Begleitperson den Patienten betreuen und heimbringen kann. Weiterhin findet sich dieser Service bei Praxen in Flughafen- oder Fährnähe. Es ist nicht ungewöhnlich, dass sich Patienten für eine weit vom eigenen Wohnort entfernt angebotene Behandlung entscheiden, weil der Zahnarzt ein gutes Image aufweist oder vor Ort keine Spezialisten praktizieren.
Auf einer Website findet sich zum Beispiel folgende Formulierung: „Sie reisen mit dem Flugzeug an, um sich und Ihre Zähne in der Zahnarztpraxis smart teeth zu pflegen. Sie legen Wert auf Komfort und Entspannung. Nutzen Sie den exklusiven Smart-teeth-Shuttle. Um Ihren Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen, holen wir Sie gerne am Airport Köln/Bonn ab.“
Profitieren sollen vor allem Patienten, die sich im fortgeschrittenen Lebensalter befinden und von Begleitpersonen oder Krankentransport abhängig sind. Für motorisch eingeschränkte Patienten ist eine barrierefreie Praxis erforderlich, sodass ggf. Stufen vor dem Praxiseingang mit Treppenrampen einen barrierefreien Zugang zur Praxis ermöglichen bzw. bei Praxen ab der ersten Etage ein Lift vorhanden ist. Eine andere Text-Variante für einen Shuttle: „Wenn Sie nicht mehr gut zu Fuß sind oder Ihr Bus zu ungünstigen Zeiten fährt – wir fahren Sie gerne! Auf Wunsch holt Sie unser Fahrer zu Hause ab und bringt Sie wieder sicher zurück. Im Großraum Siegburg zahlen Sie für alle Strecken 5 Euro – natürlich hin und zurück.“
Was sagt die aktuelle Rechtsprechung?
Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte am 12. Februar 2015 darüber zu urteilen, ob der Fahrservice einer Augenklinik wettbewerbsrechtlich eine Gefahr darstellt (Az. I ZR 213/13, Abruf-Nr. 144153 unter pi.iww.de). Die Augenklinik bot ihren Patienten einen kostenlosen Fahrdienst an, der sie zur Augenklinik und nach der Behandlung nach Hause brachte. Ein niedergelassener Augenarzt hielt diese Maßnahme für wettbewerbswidrig und klagte vor dem Landgericht Köln auf Unterlassung. Das Landgericht gab der Klage statt, das Oberlandesgericht wies sie ab.
OLG: Klinik hat nicht mit dem Fahrdienst geworben und erst nach der Einigung über die Behandlung darauf hingewiesen
Zur Begründung hatte es ausgeführt, dass die Augenklinik keine Werbung für diesen kostenlosen Fahrdienst betrieben hatte. Gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 Heilmittelwerbegesetz (HWG) könne zwar auch das Angebot oder die Gewährung von Zuwendungen oder sonstigen Werbegaben unzulässig sein. Entgegen dem Wortlaut des Gesetzes sei jedoch davon auszugehen, dass nur solche Zuwendungen und Werbegaben erfasst würden, die zum Zweck der Werbung eingesetzt würden. Dies sei nicht der Fall, wenn zum Beispiel die Klinik erst nach erfolgter Einigung mit dem Patienten über die Behandlung das Angebot des kostenlosen Fahrdienstes unterbreite. Außerdem handele es sich hier nicht um eine produktbezogene Werbung; vielmehr sei sie unternehmensbezogen. Das falle nicht unter das Verbot des § 7 Abs. 1 S. 1 HWG.
BGH: Nicht auszuschließen, dass sich der Patient wegen des kostenlosen Fahrdienstes für die Klinik entscheidet
Dieser Rechtsauffassung hat der BGH widersprochen. Er stellte fest, dass das Angebot eines kostenlosen Fahrdienstes an sich als Werbung für konkrete Leistungen der Klinik anzusehen ist. Es unterliege daher dem generellen Verbot des § 7 Abs. 1 S. 1 HWG. Eine unsachliche Beeinflussung der angesprochenen Patienten sei nicht auszuschließen, weil diese sich möglicherweise nicht mit der Qualität der ärztlichen Leistung, sondern vielmehr wegen des angebotenen Fahrdienstes für die Behandlung in der Klinik entscheiden könnten. Da der Fahrdienst auch für größere Strecken zur Verfügung gestellt werde, handele es sich auch nicht um eine Zuwendung von geringem Wert (§ 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 HWG).
In der Sache selbst sah sich der BGH nicht zu einer Entscheidung in der Lage. Vielmehr wird das OLG in der wiedereröffneten Berufungsinstanz nun festzustellen haben, ob der beanstandete Fahrdienst eine nach § 7 Abs. 1 Nr. 3 HWG zulässige handelsübliche Nebenleistung darstellt.
FAZIT | Die Rechtsprechung zu dieser Thematik ist uneinheitlich. Es ist daher in jedem Einzelfall genau zu prüfen, ob ein Shuttleservice eine unzulässige Werbung darstellt. Nach Ansicht des Kölner Rechtsanwalts Jens-Peter Jahn dürfte ein kostenloser Shuttleservice unzulässig sein. Dementsprechend werden derartige Angebote von den Zahnärztekammern durchaus gerügt und die Kammermitglieder zur Unterlassung aufgefordert. |