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30.08.2012·Steuern Umsatzsteuer in der Zahnarztpraxis: Was gilt?

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Umsatzsteuer in der Zahnarztpraxis: Was gilt?

von Dipl.-Kffr., Steuerberaterin Heike Strempel, Partnerin in der Kanzlei Hahlen, Nellessen et Jansen, Krefeld, www.hnjp.de

| Weit verbreitet scheint die Auffassung, der Zahnarzt habe mit Umsatzsteuer nichts zu tun, weil zahnärztliche Heilbehandlungen gemäß § 4 Nr. 14 Umsatzsteuergesetz (UStG) steuerfrei sind. Allerdings sind die Leistungen des Zahnarztes vielschichtig und nicht alle fallen unter die Steuerbefreiungsvorschrift. Besteht Steuerpflicht, so ist zu klären, ob von der Kleinunternehmerregelung Gebrauch gemacht werden kann. Anderenfalls ist zu prüfen, welcher Steuersatz anzuwenden ist. Schließlich sind die Deklarationspflichten zu erfüllen. Was im Wesentlichen zu beachten ist, wird nachfolgend aufgezeigt. |

Welche Leistungen sind steuerbefreit, welche nicht?

Die Tätigkeit des Zahnarztes fällt nur insoweit unter die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 14 UStG, als es sich um die Ausübung der Zahnheilkunde im engeren Sinne handelt. Hierzu zählen vor allem die Feststellung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten. Zur steuerfreien Leistung zählt dabei nicht nur die Behandlungsleistung, sondern auch die in diesem Zusammenhang abrechenbaren Materialkosten, wie zum Beispiel:

 

  • Abformmaterial zur Herstellung von Modellen (zum Beispiel Alginate, Silikone, Polyether)
  • Hülsen zum Schutz beschliffener Zähne
  • Nicht individuell hergestellte Provisorien (Kinderkrone)
  • Material für direkte Unterfütterungen
  • Versandkosten

 

Steht jedoch das therapeutische Ziel bei der Heilbehandlung nicht im Vordergrund, so droht die Steuerpflicht! Steuerpflichtig mit 19 Prozent Umsatzsteuer sind alle Leistungen, die nicht medizinisch indiziert sind, wie zum Beispiel:

 

  • Bleaching
  • Anbringen von Zahnschmuck
  • Krone oder Veneer aus ästhetischen Gründen
  • Kosmetische Leistungen
  • Sportschutz
  • Ersatzprothese
  • Austausch einer intakten Füllung
  • Kosmetische Zahnreinigung

 

Selbst nach Meinung der Finanzverwaltung, wie im Abschnitt 4.14.1 Umsatzsteuer-Anwendungserlass geäußert, sind nur diejenigen operativen – auch ästhetischen und plastischen – Leistungen umsatzsteuerpflichtig, bei denen nicht das therapeutische Ziel im Vordergrund steht. Die Finanzverwaltung empfiehlt zur Abgrenzung, sich an der Übernahme der Kosten durch die Krankenkassen zu orientieren. Dies ist zwar keine zwingende Abgrenzung, aber ein Anhaltspunkt für die Praxis.

Was gilt für Leistungen des Eigenlabors?

Vorsicht ist bei einem Eigenlabor des Zahnarztes geboten, da dieses explizit nicht unter die Steuerbefreiungsvorschrift fällt. Steuerpflichtig sind somit die Lieferung bzw. Wiederherstellung von Zahnprothesen und kieferorthopädischen Apparaten, wenn diese im Eigenlabor des Zahnarztes hergestellt werden. Der Begriff der Zahnprothesen ist dabei weit auszulegen und umfasst in erster Linie Inlays, Onlays und Veneers, Kronen (auch individuell hergestellte Provisorien), Brücken und Prothesen. Daneben zählen auch im Eigenlabor gefertigte Funktionslöffel, Modelle, Bissschablonen und -wälle dazu, sofern sie im Zusammenhang mit der Zahnprothetik anfallen.

 

Die im Eigenlabor erstellte Zahnprothetik unterliegt dem ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent. Dies gilt im Übrigen auch für Zahnersatz, der im CEREC-Verfahren hergestellt wird. Anders wird hingegen die bloße Nutzung der intraoralen Kamera des CEREC für diagnostische Zwecke beurteilt. Diese Leistung erfolgt als Teil der Heilbehandlung und ist somit umsatzsteuerfrei.

Sonstige umsatzsteuerpflichtige Tätigkeiten des Zahnarztes

Weitere Tätigkeiten des Zahnarztes, die der 19-prozentigen Umsatzsteuerpflicht unterliegen, sind:

 

  • Schriftstellerische Tätigkeit
  • Vortragstätigkeit
  • Lehrtätigkeit
  • Erstellung von Gutachten für Gerichte oder Krankenkassen
  • Verkauf von Mundhygieneartikeln im Prophylaxeshop
  • Tätigkeit als Handelsvertreter für zum Beispiel zahnärztliche Instrumente
  • Einstellungsuntersuchungen
  • Leistungen zur Prävention und Selbsthilfe, die keinen unmittelbaren Krankenbezug haben
  • Supervisionsleistungen
  • Entgeltliche Überlassung von medizinischen Großgeräten (zum Beispiel DVT)

Wann gilt die Kleinunternehmerregelung?

Soweit grundsätzlich eine Umsatzsteuerpflicht besteht, kann der Zahnarzt dennoch die Steuerfreiheit erzielen, wenn bestimmte Umsatzgrenzen eingehalten werden. Das heißt konkret: Sofern die steuerpflichtigen Umsätze im vorangegangenen Kalenderjahr 17.500 Euro und im laufenden Kalenderjahr voraussichtlich 50.000 Euro nicht übersteigen, kann der Zahnarzt auf die Abführung der Umsatzsteuer verzichten. Wichtig ist, dass in diesen Fällen auch tatsächlich keine Umsatzsteuer an die Patienten berechnet wird. Zudem sind die Umsatzgrenzen jedes Jahr erneut zu überprüfen.

Wahlrecht: Auch bei geringen Umsätzen kann die Regelbesteuerung gewählt werden

Die Kleinunternehmerregelung ist ein Wahlrecht. Auch bei nur geringen Umsätzen kann der Zahnarzt die Regelbesteuerung wählen. In diesen Fällen berechnet er die steuerpflichtigen Leistungen mit 19 bzw. 7 Prozent Umsatzsteuer (je nach Leistungsart). Die vom Patienten erhaltene Umsatzsteuer muss der Zahnarzt dann an das Finanzamt abführen und darf im Gegenzug die ihm für diese steuerpflichtigen Leistungen in Rechnung gestellte Vorsteuer beim Finanzamt abziehen.

Wann ist welche Regelung zu empfehlen?

Wann ist die Kleinunternehmerregelung (steuerfrei) und wann die Regelbesteuerung (steuerpflichtig) von Vorteil? Das wird sicherlich vom Vorsteuerabzug abhängen. Hat der Zahnarzt zum Beispiel hohe Investitionen zu tätigen, um die steuerpflichtigen Leistungen ausführen zu können (zum Beispiel der Erwerb eines neuen CEREC-Geräts), kann im Fall der Regelbesteuerung die gesamte Vorsteuer aus diesen Anschaffungen sofort rückerstattet werden. Hieraus können sich – trotz Steuerpflicht – nicht unerhebliche Liquiditätsvorteile ergeben.

Die Deklarationspflicht beachten

Da ein Zahnarzt aufgrund von Leistungen nach § 2 Abs. 3 GOZ oder eines Eigenlabors in der Regel steuerpflichtige Leistungen erbringt, besteht auch eine Deklarationspflicht. In diesem Zusammenhang müssen zumindest einmal jährlich die steuerfreien Leistungen sowie die steuerpflichtigen Gesamtumsätze erklärt werden, soweit der Zahnarzt von der – steuerfreien – Kleinunternehmerregelung Gebrauch macht.

Bei Regelbesteuerung: Umsatzsteuer-Voranmeldung und -Jahreserklärung erforderlich

Wählt der Zahnarzt die Regelbesteuerung, dann muss er zunächst für das Jahr der erstmaligen steuerlichen Erfassung und für das Folgejahr monatlich eine Umsatzsteuer-Voranmeldung einreichen. Später wird geprüft, ob ein Vierteljahreszeitraum ausreichend ist. Zum Ende eines jeden Kalenderjahres muss eine Umsatzsteuer-Jahreserklärung abgegeben werden, in denen nochmals alle Umsätze des Kalenderjahres zu deklarieren und sämtliche Vorsteuern geltend zu machen sind. Bereits geleistete Vorauszahlungen werden hierbei in Abzug gebracht.

 

Weiterführender Hinweis

  • Über die umsatzsteuerlichen Rechte und Pflichten des Zahnarztes bei Prothetikumsätzen haben wir in „Praxis Implantologie“ – PI – Nr. 1/Juni 2010, S. 19 f., berichtet.