25.07.2013·Steuern Welche Leistungen des Zahnarztes sind umsatzsteuerfrei und welche umsatzsteuerpflichtig?
·Steuern
Welche Leistungen des Zahnarztes sind umsatzsteuerfrei und welche umsatzsteuerpflichtig?
| Gemäß § 4 Nr. 14 Buchst. a Umsatzsteuergesetz (UStG) sind Heilbehandlungen eines Arztes oder Zahnarztes von der Umsatzsteuer befreit. Sinn dieser Befreiung ist die Entlastung der gesetzlichen Träger der Sozialversicherung, um die Kosten im Gesundheitswesen zu senken. Im folgenden Beitrag wird anhand von Beispielen aufgezeigt, wann in der Zahnarztpraxis die Befreiung von der Umsatzsteuer greift, wann das nicht der Fall ist und welche Konsequenzen sich ergeben. |
Diese Leistungen sind umsatzsteuerbefreit
Die Umsatzsteuerbefreiung in § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG gilt für zahnärztliche Heilbehandlungen – das sind Leistungen der medizinischen Betreuung, der Diagnose und Behandlung von Krankheiten und anderer Gesundheitsstörungen. Zu den befreiten Leistungen nachfolgend einige Beispiele:
- Heilbehandlung (medizinisch notwendig)
- Materialkosten im Zusammenhang mit der zahnärztlichen Behandlung
- Nicht individuell hergestellte Provisorien
- Versandkosten (zum Beispiel für Abformungen)
- Bei kieferorthopädischen Behandlungen die benutzten Apparate
PRAXISHINWEIS | Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist, schuldet den ausgewiesenen Betrag (§ 14c Abs. 2 UStG). Das bedeutet, dass auch beim versehentlichen Ausweis einer Steuer unter dem Namen „Umsatzsteuer“ oder „Mehrwertsteuer“ bei an sich umsatzsteuerfreien Lieferungen oder Leistungen die Steuer in der ausgewiesenen Höhe gegenüber dem Finanzamt geschuldet wird und abzuführen ist. Vor dem Ausweis von Umsatzsteuer in einer Rechnung ist daher festzustellen, ob überhaupt Umsatzsteuerpflicht besteht. |
Diese Leistungen sind mit 19 Prozent umsatzsteuerpflichtig
Tätigkeiten des Zahnarztes, die nicht medizinisch indiziert sind, sind umsatzsteuerpflichtig. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mehrfach entschieden, dass Leistungen, die nicht in der medizinischen Betreuung von Personen durch das Diagnostizieren und Behandeln einer Krankheit oder einer anderen Gesundheitsstörung bestehen, auch nicht unter die Befreiung fallen (EuGH 14. September 2000, Az. C-384/98; EuGH 10. September 2002, C-141-2002).
Umsatzsteuerpflichtige Leistungen unterliegen mehrheitlich einem Steuersatz von 19 Prozent.
|
|
Diese Leistungen sind in der Regel mit 7 Prozent umsatzsteuerpflichtig
Steuerpflichtig ist ferner die Lieferung oder Wiederherstellung von Zahnprothesen und kieferorthopädischen Apparaten, soweit die Gegenstände im Unternehmen des Zahnarztes durch ihn selbst oder unter seiner Aufsicht durch angestellte Zahntechniker hergestellt oder wiederhergestellt werden (Eigenlabor). Diese Leistungen unterliegen gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 6 UStG einem Umsatzsteuersatz von 7 Prozent. Beispiele sind: Herstellung von Modellen, Bissschablonen, Bisswällen und Funktionslöffeln; Lieferung von selbst hergestellten und individuell angepassten provisorischen Kronen; indirekte Unterfütterungen von Zahnprothesen, Inlays, Dreiviertel- und Vollkronen, Veneers aus Keramik, Brücken, Prothesen, Suprakonstruktionen, Reparaturen.
Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen
Für die umsatzsteuerpflichtigen Leistungen sind quartalsweise oder monatlich Umsatzsteuervoranmeldungen auf elektronischem Wege abzugeben. Monatliche Voranmeldungen müssen abgegeben werden, wenn die Umsatzsteuer im Vorjahr mehr als 7.500 Euro bzw. in den ersten zwei Jahren nach Praxisgründung betragen hat. Die Voranmeldungen müssen bis zum 10. des Kalendermonats, der auf den Voranmeldungszeitraum folgt, gesendet werden, wenn keine Dauerfristverlängerung um einen Monat beantragt wurde.
PRAXISHINWEIS | In der Regel rechnet der Zahnarzt mit umsatzsteuerpflichtigem Eigenlabor die zahnärztliche und zahntechnische Leistung in einer Rechnung gegenüber dem Patienten ab. Bei Ist-Versteuerung müssten die umsatzsteuerpflichtigen Leistungen aus den Zahlungseingängen zeitaufwendig ermittelt werden. Die Praxissoftware ermöglicht es aber, „Eigenlaborlisten“ zu erstellen, die die in einem Monat bzw. Quartal erbrachten Eigenlaborleistungen zusammenfassen. Auf dieser Basis lassen sich die USt-Voranmeldungen bei Soll-Versteuerung erstellen. Das geht deutlich einfacher und schneller. Ein Restrisiko bleiben dann Zahlungsausfälle, die ggf. später mitgeteilt und korrigiert werden müssen. |
Vorsteuerabzug
In den USt-Voranmeldungen wird auch die vom Zahnarzt bezahlte Umsatzsteuer aus den Eingangsrechnungen (Vorsteuer) berücksichtigt, soweit diese Leistungen für umsatzsteuerpflichtige Leistungen des Zahnarztes verwendet werden. Die Vorsteuer kann in voller Höhe geltend gemacht werden (zum Beispiel Umsatzsteuer aus Labormaterial oder -geräten). Werden die bezogenen Leistungen sowohl für umsatzsteuerbefreite als auch -pflichtige Leistungen bezogen (zum Beispiel für laufende Aufwendungen wie Telefonkosten, Bürobedarf etc.), kann die Vorsteuer aus den Eingangsrechnungen anteilig berücksichtigt werden. In der Regel wird auf den Anteil der umsatzsteuerpflichtigen zu den gesamten Umsätzen als Aufteilungsmaßstab abgestellt.
PRAXISHINWEIS | Eine Rechnung muss laut § 14 Abs. 4 EStG bestimmte Angaben enthalten, damit sie zum Vorsteuerabzug berechtigt (zum Beispiel die vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer). Fragen Sie ggf. Ihren Steuerberater. |
Kleinunternehmerregelung
Wenn der Umsatz plus der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 17.500 Euro bei umsatzsteuerpflichtigen Leistungen nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50.000 Euro voraussichtlich nicht übersteigt, greift die Regelung zur Besteuerung von Kleinunternehmern, bei denen die Umsatzsteuer nicht erhoben wird (§ 19 Abs. 1 UStG). Kleinunternehmer müssen daher keine Umsatzsteuervoranmeldungen und keine Umsatzsteuerjahreserklärung abgeben, dürfen aber auch keine Vorsteuer geltend machen. Beispiel: Auch Zahnmediziner ohne Praxislabor stellen bisweilen Modelle oder Provisorien her und nehmen kleinere Reparaturen an Zahnersatz vor. Hierbei handelt es sich um umsatzsteuerpflichtige Leistungen, die jedoch meist unter der Kleinunternehmergrenze liegen. Allerdings kann der Zahnarzt auf diese Regelung verzichten. In diesem Falle sollte mit dem Steuerberater Rücksprache gehalten werden.
Dokumentation umsatzsteuerpflichtiger Leistungen
Helfen Sie Ihrem Steuerberater zu erkennen, welche Vorleistungen Sie für umsatzsteuerpflichtige bzw. umsatzsteuerbefreite Leistungen bezogen haben.
|
Bei umsatzsteuerpflichtigem Eigenlabor kann es durchaus sinnvoll sein, die Vergabe von zwei Kundennummern durch den Lieferanten zu vereinbaren (Bitten Sie den Lieferanten jedoch, die Versandkosten nur einmal zu erheben und die Ware – soweit technisch möglich – zusammen zu versenden): Zahnmedizinische Produkte wie Implantate, Verschlussschrauben oder Einheil- und Abformkappen werden über Kunden-Nummer A bestellt (Material für die umsatzsteuerbefreite Praxis); Eigenlaborbedarf wird über Kunden-Nummer B bestellt. Der Steuerberater wird informiert, dass Kundennummer B das umsatzsteuerpflichtige Labor betrifft und somit die Vorsteuer dem Finanzamt gegenüber geltend gemacht wird. |
Da die Umsatzsteuer zum Beispiel aus Rechnungen für Gutachten, Mundhygieneartikel, kosmetische Leistungen etc. als Vorsteuer abgezogen werden kann, sind diese Positionen, wenn sie dem Patienten berechnet werden, nur mit dem Netto-Betrag aufzuführen. Die Laborrechnung selbst unterliegt einer Umsatzsteuer von 7 Prozent. Beim Verkauf von Prophylaxe-Material fallen 19 Prozent Umsatzsteuer an.
|
|||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Für das Einsetzen eines Implantats benötigt der Zahnarzt, der auch ein umsatzsteuerpflichtiges Labor hat, die in der Tabelle aufgeführten Materialien für Praxis und Labor:
Hinweis: P = Praxis, L = Labor
Das Implantat, die Verschlussschraube und die Abformkappe sind der umsatzsteuerbefreiten Behandlungsleistung zuzurechnen. Entsprechend kann aus den Positionen 1 bis 3 keine Vorsteuer geltend gemacht werden. Gegenüber dem Patienten werden die Materialien mit dem Brutto-Wert angesetzt. Bei Berechnung der Praxismaterialien darf nur der Brutto-Betrag neben dem Artikel und der Menge preisgegeben werden (§ 10 Abs. 2 Punkt 6 GOZ).
Das Manipulierimplantat, das synOcta® Sekundärteil und die Kunststoffkappe werden für die umsatzsteuerpflichtige Leistung des Zahntechnikers benötigt. Entsprechend kann die Vorsteuer aus den Positionen 4 bis 6 geltend gemacht werden. In der Laborrechnung sind die Materialien mit dem Netto-Betrag aufzuführen. Die Laborrechnung unterliegt dann insgesamt der ermäßigten Umsatzsteuer von 7 Prozent. |
PRAXISHINWEIS | Machen Sie für den Steuerberater kenntlich, ob Ihre Ausgangsleistung umsatzsteuerpflichtig oder -befreit ist, beim umsatzsteuerpflichtigen Eigenlabor zum Beispiel mit einem „L“ für Labor, bei allgemein umsatzsteuerpflichtigen Leistungen mit einem „U“ für Umsatzsteuer. |
Aufgrund der Vielzahl möglicher Praxisformen und Therapien sollte eine separate Betrachtung in Bezug auf die Umsatzsteuer mit dem Steuerberater als Fachmann vorgenommen werden.