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26.04.2013·Zahnmedizin Wurzelanaloge Implantate: Neuer Versuch

·Zahnmedizin

Wurzelanaloge Implantate: Neuer Versuch

| Die Idee ist bestechend einfach: Man ersetzt gezogene Zähne nicht durch eine Schraube, sondern durch ein Implantat, das genau die Form der extrahierten Zahnwurzel und der Extraktionsalveole hat. Doch die technische Umsetzung der wurzelanalogen Zahnimplantate war in den 1990er Jahren noch zu kompliziert und die Verlustraten zu hoch. Die Berliner Firma Natural Dental Implants versucht es nun mit verbesserter Technik. [1] |

Was ist „wurzelanalog“?

Nicht alles ist „wurzelanalog“, auch wenn es so genannt wird: Stark konische Schrauben-Implantate – im Fall der Frialit-plus®-Implantate sogar mit Stufen – sind zwar der allgemeinen Wurzelform ähnlich, aber nicht der individuellen Wurzelform des jeweiligen Patienten. Wir reden hier über Implantate, die eine 1:1-Kopie der verloren gegangenen Wurzel sind.

 

Eine exakte Nachbildung der Wurzel und die Sofortimplantation in die Extraktionsalveole funktioniert nur bei einwurzeligen Zähnen einigermaßen gut 
- und gerade im ästhetisch anspruchsvollen Frontzahnbereich hat die Analogie des Implantats mit der Zahnwurzel Vorteile. Es resultiert ein „emergence profile“, das dem Zahntechniker ermöglicht, eine optimale Kronenform herzustellen und damit eine optimale Ästhetik zu erzielen. [1] Verwendet man konventionelle schrauben- oder zylinderförmige Gewindeimplantate,so können diese geometrischen Formen nicht annähernd der Form einer Extraktionsalveole entsprechen. Und so kann oftmals nur mithilfe von Membranen und/oder mit Knochenaugmentationen das Einwachsen von Bindegewebe oder Schleimhautepithel zwischen Implantat und Alveolarknochen verhindert werden. [2]

1990er Jahre: Das Scheitern des Re-Implant®-Systems

Das Re-Implant®-System wurde Anfang der neunziger Jahre entwickelt und in klinischen und histologischen Untersuchungen evaluiert. Nach der Zahnextraktion wurden Krone und Wurzel getrennt. Die Wurzel wurde gereinigt, mit einem Abtastlack überzogen und in die Re-Implant®-Bearbeitungseinheit eingespannt. Ein Laser tastete daraufhin berührungslos die Wurzel ab; nach diesen Daten wurde ein zylindrischer Implantatrohling befräst. Das Endresultat war ein wurzelanaloges Titanimplantat, das nach der Reinigung und Sterilisation in die Extraktionsalveole sofort implantiert werden konnte. Nach einer Einheilzeit von drei bzw. sechs Monaten für Unter- und Oberkiefer wurde über das mit einem Aufbau versehene Implantat ein Abdruck genommen und der Zahnersatz – in der Regel eine Einzelkrone aus Metall- oder Vollkeramik hergestellt und eingegliedert. [1]

 

Doch die klinischen Ergebnisse waren niederschmetternd: Eine Untersuchung aus dem Jahr 1996 berichtete über 234 Patienten mit 247 Implantaten. Im Oberkiefer waren zum Zeitpunkt der Erhebung von 186 gesetzten Sofortimplantaten 164 (88 Prozent) in situ, im Unterkiefer 48 von 61 (78 Prozent). [1] Andere Autoren sprechen von Misserfolgsraten im Follow-up nach einem Jahr von bis zu 97 Prozent: Nach einer Beobachtungszeit von durchschnittlich 9,1 Monaten waren bei 14 von 30 Patienten (1 Drop-out) bereits 15 der insgesamt 31 Re-Implant-Sofortimplantate verloren gegangen. Dies bedeutete eine Verlustrate von 48,4 Prozent.

 

Bei Betrachtung der Einzeldaten zeigten 15 der noch 18 vorhandenen Implantate einen Knochenverlust von mehr als 1 mm (von 1,6 bis 8,1 mm) bereits vor Belastung. Legt man die allgemein anerkannten Erfolgskriterien zugrunde, bedeutete dies eine Steigerung der Implantat-Misserfolgsrate zum Zeitpunkt der Kronen-Insertion auf 90 Prozent. Da zwei Implantate nach Insertion der Einzelkronen verloren gingen, belief sich die Misserfolgsquote der Implantate während der Beobachtungszeit letztendlich auf 97 Prozent. Ein klinischer Einsatz des Re-Implant®-Systems verbiete sich, urteilten Zahnmediziner der Universität Freiburg damals. [3]

Neuer Versuch mit neuer Technik

Neu beim REPLICATE-System des Berliner Herstellers Natural Dental Implants ist, dass Wurzel und Alveole bereits vor der Extraktion mit einem Cone-Beam CT vermessen werden. Zusätzlich wird ein intraoraler Abdruck genommen. Die 3D-Daten dienen als Grundlage für die Fertigung. Erst wenn nach rund einer Woche das personalisierte Implantat aus sandgestrahltem und geätztem Titan, das Abutment und die temporäre Krone fertiggestellt sind, werden in einer zweiten Sitzung der Zahn gezogen, das Implantat gesetzt und die Zirkon-Krone mit den Nachbarzähnen verblockt. Der Zahnarzt muss nur extrahieren, einsetzen und verkleben können. Lagerhaltung von Implantatsystemen und chirurgische Schulungen seien nicht nötig, so Ruedger Rubbert, CEO der Firma.

 

Nach Angaben des Herstellers ist das nichtchirurgische System als Ersatz von dreigliedrigen Brücken und von Einzelimplantaten nur bei stabilen Nachbarzähnen einzusetzen. Die Primärstabilität wird nach der Implantationdadurch garantiert, dass die temporäre Krone mit einem Splint wie bei einer Maryland-Brücke mit den Nachbarzähnen verklebt wird. Dadurch wird das Implantat etwas aus der Okklusion genommen und werden Mikrobewegungen stabilisiert. Nach etwa sechs Monaten wird die temporäre durch eine definitive Krone ersetzt.

 

Positive klinische Erfahrungen am Hundemodell liegen mittlerweile vor. Einige Zahnmediziner bieten das System in Deutschland und in der Schweiz an.

 

Quellen

  • [1] Gieloff B et al.: Wurzelanaloge Titanimplantate (Bio-Design-Implantate) für die Sofortimplantation – Das Re-Implant-System. Implantologie 1996: 99
  • [2] Kocher A et al. Wurzelanaloge Zirkonoxidimplantate: Anatomisches Design für den Ersatz von Molaren: Ein Fallbericht. Int J Paro Rest ZHK 2011; 31 (6): 659-664
  • [3] Strub J R et al. The Re Implant® System for Immediate Implant Placement. Journal of Esthetic and Restorative Dentistry 1997; 9 (4): 187-196