29.09.2017·Zahntechnik Die digitale Zahnfarbnahme in der Praxis: Wie steht es um die Rentabilität?
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Die digitale Zahnfarbnahme in der Praxis: Wie steht es um die Rentabilität?
| Dank moderner Technik ist es möglich, die Zahnfarbe digital zu bestimmen und diese mit einem Programm am Computer zu analysieren. Die Technik stellt kommunikative Tools bereit, die eine vorhersagbare Farbbestimmung gestatten. Welche Vorteile bestehen und lohnt sich die Investition? |
Die konventionelle Farbnahme
Die visuelle Abmusterung der Zahnfarbe kann durch eine Farbfehlsichtigkeit des Farbnehmers, durch Augenmüdigkeit, störende Umgebungsfarben oder auch die Lichtbedingungen während der Farbnahme erschwert werden. Eine Zahnfarbe, die in der Zahnarztpraxis noch gut getroffen war, kann unter Tageslichtbedingungen ganz anders ausfallen. Eine Weiterentwicklung des ursprünglichen Farbrings sind Messinstrumente mit systematischem Aufbau, die durch die Farbnahme leiten und zu gewissem Grad auch Zwischenfarben ermöglichen. Die Messung wird dadurch erschwert, dass ein Zahn meistens mehrere Farben aufweist und zusätzlich aus zwei Schichten besteht.
Die digitale Farbnahme
Digitale Systeme versuchen, die Unzulänglichkeiten der visuellen Farbabmusterung zu kompensieren. Innovative Softwarekonzepte garantieren die exakte Bestimmung der Zahnfarbe. In der Regel können unterschiedliche Betriebsmodi gewählt werden: Grund-, Mittelungs- und Zahnbereichsfarbbestimmung. Individuelle Zeichnungen wie beispielsweise Schmelzrisse, Transparenzverlauf und Verfärbungen werden detailliert erfasst.
Die digitale Zahnfarbbestimmung wird nicht nur im Rahmen der Prothetik verwendet, sondern auch für die Auswahl von CAD/CAM-Materialien, das Anfertigen von geschichteten Kronen, die Auswahl von Prothesenzähnen und die Planung von Veneers. Anwendungsoptionen ergeben sich auch für die Farbauswahl von Füllungsmaterialien (Farbverlaufsanzeige von inzisal zu zervikal) und im Rahmen des Bleachings. Die Farbnahme wird dokumentiert und digital archiviert. Ein praxisinterner Zahntechniker kann ohne stete Unterbrechungen aufgrund von Farbnahmen seinen Beruf ausüben und somit deutlich effektiver und effizienter arbeiten, wenn in der Regel die Mitarbeiterin die digitale Farbaufzeichnung vornimmt.
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Zahnersatz-Richtlinien in der GKV
Die Zahnersatz-Richtlinien stellen Rahmenbedingungen für den Umfang der vertragszahnärztlichen Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen dar. Nach Ziffer 20 der Zahnersatz-Richtlinien gehören zur vertragszahnärztlichen Versorgung neben metallischen Teil- und Vollkronen nur metallische, vestibulär verblendete Verblendkronen im Oberkiefer bis einschließlich Zahn 5, im Unterkiefer bis einschließlich Zahn 4. Im Bereich der Zähne 1 bis 3 umfasst die vestibuläre Verblendung auch die Schneidekanten.
Wählen Versicherte eine Versorgung mit Zahnersatz, die über die medizinisch notwendige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung hinausgeht, so haben sie einen Anspruch auf einen befundbezogenen Festzuschuss zu der in den Festzuschuss-Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses festgelegten Regelversorgung. Die Mehrkosten der zusätzlichen zahnärztlichen und zahntechnischen Leistungen haben sie selbst in vollem Umfang zu tragen.
Wünscht der Patient Verblendungen in darüber hinausgehenden Bereichen ‒ also die Teil- oder Vollverblendung der Zähne 16 bis 18, 26 bis 28, 35 bis 38 und 45 bis 48 bzw. okklusale, palatinale oder Vollverblendung der Zähne 15 bis 25 und 34 bis 44 ‒, so ist dies möglich. Voraussetzung ist, dass der Patient bereit ist, die hierfür entstehenden Mehrkosten zu übernehmen (§ 55 Abs. 4 SGB V, Ziffer 5 der Zahnersatz-Richtlinien).
Vereinbarung über zusätzliche private Kosten bei Zahnersatz
Außer der Regelversorgung kann der Versicherte einen gleich- oder andersartigen Zahnersatz wählen, der teilweise oder vollständig nach der GOZ abgerechnet wird. Das gilt entsprechend für zahntechnische Laborkosten, die den Umfang einer Regelversorgung überschreiten. Die gegenüber der Regelversorgung entstehenden Mehrkosten hat der Patient zusätzlich zu tragen.
Wann darf eine digitale Farbnahme berechnet werden?
Im Rahmen einer prothetischen Versorgung bei Kassenpatienten ist zu unterscheiden, ob eine Krone, ein Brückenanker oder ein Brückenglied als Regelversorgung innerhalb der Verblendgrenze vorgesehen ist. In diesen Fällen ist eine private Berechnung der Zahnfarbbestimmung nicht möglich, da z. B. die BEMA-Nr. 20b (Versorgung eines Einzelzahns durch eine vestibulär verblendete Verblendkrone) folgende Abrechnungsbestimmungen aufweist: Präparation, ggf. Farbbestimmung, Bissnahme, Abformung, Einprobe, Einzementieren und Kontrolle und Adjustierung der statischen und dynamischen Okklusion.
Wählt der Kassenpatient eine vollverblendete Krone oder eine Zirkonkrone, so wird die Versorgung gleichartig. Das hat zur Folge, dass eine private Gebührenziffer für die Krone beim Zahnarzt und im Dentallabor berechnet wird. In diesem Fall ist die digitale Farbnahme ansatzfähig, da sie nicht Inhalt der GOZ-Nr. 2210 (Versorgung eines Zahnes durch eine Vollkrone ‒ Hohlkehl- oder Stufenpräparation) ist. Mit einer Leistung nach Nr. 2210 sind folgende Leistungen abgegolten: Präparieren des Zahns oder Implantats, Relationsbestimmung, Abformungen, Einproben, provisorisches Eingliedern, festes Einfügen der Einlagefüllung oder der Krone oder der Teilkrone der des Veneers, Nachkontrolle und Korrekturen. Eine Farbnahme ist nicht eingeschlossen. Regionale Entscheidungen der jeweiligen KZV sind grundsätzlich zu beachten.
Die Dokumentation der digitalen Farbnahme
Die Farbnahme wird vom Zahnarzt oder in Delegation ermittelt. Da es keine staatlich verordnete Gebührenordnung für private zahntechnische Leistungen gibt, kann jeder nach eigenem Ermessen die Maßnahme in der Praxissoftware erfassen, benennen und betriebswirtschaftlich bewerten.
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Alternativ zur „Zahnfarbbestimmung“ kann die Leistungsbeschreibung z. B. auch „Individuelle digitale Zahnfarbnahme auf Basis eines spektrofotometrischen Verfahrens“ (Fa. VITA) lauten. Solange die Kleinunternehmerregelung greift, wird keine Mehrwertsteuer in Höhe von sieben Prozent ausgewiesen.
Fehler bei den Farbnahmen kosten Zeit und Geld
Auf der Jahrestagung der AG Dentale Technologie e.V. wurden im Jahr 2010 an 250 Laborinhaber Fragebögen verteilt. Dabei sollte der finanzielle und zeitliche Mehraufwand der Dentallabore durch visuelle Farbnahmen in der Praxis und nachträgliche Farbkorrekturen erhoben werden. Die Pilotstudie ergab, dass im Durchschnitt an 172 Einheiten pro Monat nachträgliche Farbkorrekturen an fertiggestellten keramisch verblendeten Zähnen erforderlich waren, wobei Zusatzkosten von rund 7,40 Euro pro nachträglicher Farbkorrektur ermittelt wurden. Reklamationsbedingte Kosten sind daher zusätzlich in der BWA zu beachten.
Die Rentabilität
Die Preisfindung obliegt wie bereits erwähnt dem Zahnarzt. Anhand der Statistik wird geprüft, wie viele privat berechnete Kronen, Brücken, Keramikinlays, Veneers und Bleachingtherapien pro Kalenderjahr erbracht werden. Die Investitionskosten umfassen z. B. die Anschaffungskosten, Kosten für Update und Wartung, ggf. Finanzierungszinsen, Personalkosten bei der Farbermittlung und Instandhaltungskosten.
Bei einer Farbreklamation durch den Patienten entstehen Kosten für Anästhesie, Entfernung von Kronen, Brücken usw., Management von Provisorien, Kontaktaufnahme mit Labor, Wiedereingliederung der Elemente, Vor- und Nachbereitung des Behandlungszimmers, Personal- und Hygienekosten. Der Honorarverlust bei Kulanzleistungen und Reklamationen ist beträchtlich.
Im Rahmen einer BWA kann der praxisinterne angemessene Preis ermittelt werden. Die Firma VITA offeriert 30 bis 60 Euro je digitale Farbbestimmung. Dabei ist jedoch zu beachten, dass der Preis auch markttauglich sein muss. Eine Kalkulation ist ggf. einem Gericht vorzulegen. Daher sollte jeder Zahnarzt für seine Praxis den Wert erheben.
Die betriebswirtschaftliche Betrachtung
Mit dem Farbring VITA classical A1-D4, der derzeit für 60,45 Euro brutto zu erwerben ist, kann die einfache Zahnfarbbestimmung nach BEB-Nr. 0723 erhoben werden. Die digitale Farbbestimmung mit dem VITA Easyshade ‒ derzeitiger Bruttopreis 1.857,59 Euro ‒ kann z. B. nach der BEB-Nr. 0725 (BEB‘97) in Ansatz gebracht werden. Die Farbnahme ist je Zahn, Brückenglied bzw. Implantat berechenbar.
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Für die Berechnung werden 16 Zahnfarbbestimmungen pro Woche (64 je Monat) vorausgesetzt. Das Jahr wird nach Abzug von Urlaubs-, Krankheits- und Feiertagen mit 9,5 Monaten berechnet. Die Farbbestimmung wird mit 150 Sekunden für die visuelle und mit 60 Sekunden für die digitale Bestimmung veranschlagt. Der Honorarstundensatz des Zahnarztes wird mit 240 Euro berechnet.
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Betrachtet werden zusätzlich die Erwerbskosten für den visuellen Farbring und die digitale Farbbestimmung mit dem VITA Easyshade. Zu beachten sind auch die Kosten unter dem Absatz zur Rentabilität in diesem Beitrag (Seite 12).
Zahntechnische Leistungen
Zahntechnische Leistungen sind nach der GOZ als Auslagen gesondert berechnungsfähig. Die Laborrechnungen sind der Liquidation beizufügen. Der § 9 GOZ erläutert bei Privatleistungen die Details: „Neben den für die einzelnen zahnärztlichen Leistungen vorgesehenen Gebühren können als Auslagen die dem Zahnarzt tatsächlich entstandenen angemessenen Kosten für zahntechnische Leistungen berechnet werden, soweit diese Kosten nicht nach den Bestimmungen des Gebührenverzeichnisses mit den Gebühren abgegolten sind.“ Daher ist eine individuelle Kalkulation zu erstellen.
FAZIT | Digitale Messgeräte wie z. B. das VITA Easyshade (VITA Zahnfabrik, Bad Säckingen) können einen Beitrag dazu leisten, den Workflow zu optimieren, da sie reproduzierbare Messdaten unter standardisierten Bedingungen liefern. Elektronische Farbmessgeräte ermöglichen eine Farbbestimmung in Sekunden, die jederzeit wiederholbar und unabhängig von äußeren Faktoren sind. |