29.02.2012·Zahnmedizin Periimplantitis – gibt es neue Erkenntnisse?
·Zahnmedizin
Periimplantitis – gibt es neue Erkenntnisse?
von Wolfgang Schmid, Schriftleiter „Zahnmedizin Report“, Berlin
| Wie natürliche Zähne können auch Zahnimplantate durch Zahnbett-Erkrankungen (Periimplantitis) verloren gehen. Periimplantitis ähnelt der Parodontitis des natürlichen Zahns und gilt als ein ungelöstes Problem in der Zahnheilkunde. Dabei verursacht der auf der Implantatoberfläche befindliche Biofilm eine Entzündung des umgebenden Gewebes und es kommt auch hier zum Knochenabbau, was die Langlebigkeit des Implantats gefährdet. Wir präsentieren einen Überblick über die aktuelle wissenschaftliche Literatur, die auch weiterhin noch viele Fragen offen lässt. |
Wer ist gefährdet?
Ergebnisse einer Langzeitbeobachtung bei Patienten mit Generalisierter Aggressiver Parodontitis (GAP) zeigten, dass GAP-Probanden ein 5-fach höheres Risiko des Versagens des Implantats, ein 3-mal höheres Risiko der Mukositis und ein 14-mal höheres Risiko einer Periimplantitis hatten. Wissenschaftlich belegt ist auch, dass insbesondere Rauchen, aber auch bestimmte Gen-Varianten das Risiko für eine Periimplantitis erhöhen. Demgegenüber fehlen bislang – so Dr. Gerhard Iglhaut, Zahnarzt und Oralchirurg aus Memmingen – seriöse wissenschaftliche Beweise für die in Medienberichten zitierte Behauptung, dass es sich bei diesen Entzündungsprozessen um Unverträglichkeitsreaktionen auf Titan handelt. Ebenso wenig belegt ist auch die Behauptung, dass sich das Risiko für solche Reaktionen aufgrund eines einfachen Labortests vor einer Implantation abschätzen lässt.
Das Verlustrisiko von Zahnimplantaten ist generell gering. Gleichwohl zeigt das Implantatregister der Universität Tübingen, dass ältere Systeme ein etwas höheres Verlustrisiko haben als moderne Implantate. Und auch die Beschichtung der Implantate scheint eine Rolle zu spielen: In einer aktuellen Versuchsreihe an der Universität Göteborg zeigten Implantate der Firma Nobel Biocare mit TiUnite®-Beschichtung nach sechs Monaten deutlich größere Läsionen als glatte, gedrehte Implantate.
Behandlungsbedürftige Entzündungen des umgebenden Gewebes diagnostiziert das Implantatregister der Universität Tübingen bei 20 Prozent der Implantate. Diese Periimplantitis kann zum Gewebeverlust und zum Verlust des Implantats führen. Allerdings zeigen Untersuchungen, die Prof. Germán Gómez-Román präsentierte, dass nach einem Implantatverlust erneut ein Implantat gesetzt werden kann, wenn die Entzündung ausgeheilt ist.
Wie behandelt man die Periimplantitis?
Die Art der Periimplantitis-Behandlung ist offensichtlich auch an den Ort und das Alter des behandelnden Zahnarztes gebunden: Ein aktueller Vergleich von australischen und britischen Implantologen zeigt das Fehlen eines universellen Ansatzes für das Management von periimplantären Erkrankungen in beiden Ländern. Lokale Antibiotika sind bei den britischen Spezialisten beliebter, systemische Antibiotika werden dagegen in Australien häufiger verwendet. Die Autoren der Studie weisen auf einen möglichen Einflussfaktor hin: Die australischen Spezialisten waren im Schnitt deutlich jünger.
Die Ergebnisse von Studien
Doch wie behandelt man diese Entzündung effektiv? Eine Cochrane-Übersichtsarbeit verglich neun Studien mit acht verschiedenen Behandlungsmethoden. Die Mehrheit der Studien mit komplexen und teuren Therapien zeigte keine statistisch signifikanten oder klinisch signifikanten Vorteile gegenüber der mechanischen Reinigung tief an den betroffenen Implantaten.
In einer kleinen Studie von kurzer Dauer – es handelte sich um lediglich vier Monate – wurde gezeigt, dass die Verwendung von lokalen Antibiotika zusätzlich zur tiefen manuellen Reinigung der erkrankten Implantate die Tiefe der Läsionen um die Implantate um zusätzliche 0,6 mm vermindert. In einer anderen kleinen Studie über vier Jahre wurde gezeigt, dass die Platzierung eines tierischen Knochenersatzmaterials mit einer resorbierbaren Barriere die Tiefe der Taschen um zusätzliche 1,4 mm verringert gegenüber synthetischem Knochenersatzmaterial.
Nach Ansicht von Prof. Marco Esposito aus Manchester gibt es zu wenig Beweise, um festzustellen, welches der effektivste Weg ist, Periimplantitis zu behandeln. Dies soll allerdings nicht heißen, dass die derzeit verwendeten Interventionen nicht wirksam sind.
Bestrahlung mit Argon-Sauerstoff-Plasma als Zukunftsmusik
In einer kürzlich veröffentlichten Studie zeigen Wissenschaftler aus Greifswald und Rostock, dass eine Bestrahlung mit Argon-Sauerstoff-Plasma den Kontaktwinkel am Implantat reduziert und die Verbreitung von knochenbildenden Osteoblasten unterstützt. Die Anwendung von kaltem Plasma kann bei der Behandlung von periimplantären Läsionen unterstützend wirken und den Prozess der Re-Osseointegration verbessern.
Chinesische Wissenschaftler dagegen präsentieren die Hypothese, dass elektromagnetische Strahlung ein neuer Ansatz zur Behandlung von Periimplantitis sein kann. Das Ergebnis wäre noch deutlicher, wenn die Bestrahlung mit anderen Mitteln kombiniert wird, weil die Wirkung einiger Antibiotika und entzündungshemmender Medikamente von elektromagnetischer Strahlung verstärkt wird. Sie erwarten eine nicht-invasive Therapie, die vom Patienten bequem zu Hause durchgeführt werden kann.
Weitere Informationen Online
- Die Literaturliste mit den Quellen und mit den Internetlinks zu den Originalartikeln erhalten Sie im Online-Bereich von „Praxis Implantologie“ – PI -unter www.pi.iww.de in der Rubrik „Zahnmedizin“.